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Liebe Schwestern und Brüder,
Dr. Martin Luther, der unbeugsame und Gott begeisterte Augustiner Mönch hat den Satz geprägt: „Was dir am wichtigsten ist, der Mittelpunkt deines Lebens, das ist eigentlich dein Gott!“
Wer ist eigentlich Gott? Der Schöpfer des Himmels und der Erde, sagen wir. Wir beten ihn an, wir bitten ihn und klagen ihm unsere Nöte, manchmal klagen wir ihn sogar an und machen ihn verantwortlich für das unermessliche Leid in der Welt.
„Ich bin ein großer König, der Herr der Heere, und ich bin gefürchtet bei den Völkern“ so stellt sich Gott im Prophetenwort des Maleachi vor.
Das Wort Luthers macht mich darauf aufmerksam, dass ein Zwiespalt entstehen kann, zwischen dem, wen ich als Gott anspreche – den Gott des Himmels und der Erde ‑ und dem, was ich in meinem Leben wirklich der Mittelpunkt ist.
Wenn nämlich Gott der ist, der mir das Leben geschenkt hat und uns allen und
wenn er wirklich der ist, zu dem mein Leben hinführt;
wenn es wirklich wahr ist, dass vor ihm unzweifelhaft offenbar wird, was ich in meinem Leben Gutes und Böses getan habe, was wahr war und was falsch:
wenn Gott diese allergrößte Bedeutung hat, weil mein Leben allein von ihm abhängt, dann sollte er auch in meinem Leben in der Mitte stehen.
‑ Dann muss ich alles in meinem Leben auf ihn beziehen und ausrichten: Beruf, Familie, Freunde, Erholung und Ruhe, Arbeit und Vergnügen, Entspannung und Anstrengung, Besitz und Verzicht.
Ist es so? Oder macht mich Luthers Satz aufmerksam, dass ich zwar einen Gott bekenne, wenn ich sage: „Ich glaube an Gott“, dass aber mein Leben deutlich macht, dass ich anderen Dingen nachlaufe und ihnen so viel Bedeutung gebe, als wären sie Gott?
Der Prophet Maleachi klagt die Priester im Jerusalemer Tempel an, dass sie ihren Auftrag verraten haben: ihre Aufgabe war es, den Bund Gottes mit Israel lebendig zu halten und ihm treu zu sein und das Volk in der Treue zu Jahwe zu stärken –
Stattdessen brechen sie selbst den Bund, laufen anderen Göttern nach. Sie tun Unrecht und missachten die Gebote Gottes durch Ehebruch und Ausbeutung der Armen. Fatal und das schlimmste daran ist: Ihr falsches Handeln verleitet die Israeliten dem Bund mit Jahwe untreu zu werden.
Dasselbe wirft Jesus den Schriftgelehrten vor: Sie verschließen den Menschen das Himmelreich, anstatt ihnen voranzugehen. Sie bauen Barrieren auf zwischen Gott und Mensch, anstatt die Menschen anzuleiten, dass sie auf Gottes Treue bauen können.
Und ich? Und wir? Wie ist es mit uns?
Bemühen wir uns gut zu sein und auf Gott zu hören ‑
oder stellen wir uns selbst an die erste Stelle?
Tue ich was richtig ist – oder was leichter ist?
Ist das Ziel meines Handelns der andere Mensch – oder ich selbst:
meine Bequemlichkeit, mein Einkommen,
und die Verteidigung meiner Stellung und Position?
Mache ich mich selbst zum Mittelpunkt oder stelle ich Gott in den Mittelpunkt meines Lebens?
Schwestern und Brüder, gerade die im Namen Gottes zu reden beauftragt sind, stehen in größter Gefahr und Versuchung, statt Gottes Treue zu verkünden und Gott zu dienen ihre eigene Macht und ihren Einfluss zu verteidigen und zu mehren. Natürlich erliegen wir Priester und die Bischöfe immer wieder dieser Gefahr. Das ist umso schlimmer als wir dadurch unseren Auftrag ins Gegenteilverkehren.
Deshalb sagt Jesus zu den Menschen: Geht selbst euren Weg. Alle haben Gott zum Vater. Nur einer ist euer Vater. Es gibt nur einen und ihr könnt und sollt selbst auf ihn hören.
Diese Erkenntnis, dass jeder Mensch Gott zum Vater hat, weil es nur einen gibt, sollen die Jünger Jesu überall und immer verkünden in Wort und Tat. Wir alle.
