02.04.2023: Palmsonntag

Hier geht es zu den Texten der Liturgie:

Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder,
Auf ein kleines Detail lenke ich ihren Blick.

In der Verhandlung vor Kajaphas, dem Hohepriester,
als sich keine zwei Zeugen finden, die das gleiche gegen Jesus aussagen,
drohte der Prozess gegen Jesus schon zu scheitern.

Eine Verurteilung wäre – nach jüdischem Recht – nicht möglich.

Deshalb unterbricht Kajaphas – so wie es das Ev. darstellt –
und befragt Jesus direkt. Er beschwört ihn und fragt:

Ich beschwöre dich beim lebendigen Gott:
„Bist Du der Christus, der Sohn Gottes?“

Jesus antwortet: Du hast es gesagt.

Und noch bevor der Hohepriester Jesus für diese „Gotteslästerung“ verurteilt, fügt aber Jesus hinzu:

„Ihr werdet den Menschensohn zur Rechten der Macht sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen.“

Das Evangelium verkündet so den Glauben:

Jesus ist der Weltenrichter – auch über Kajaphas und den Hohen Rat.

Der nun aber – das wissen wir aus dem ganzen Evangelium – ist kein Richter, der Freude daran hat, Höllenstrafen zu verkünden.

Sein Gericht ist ein anderes.

Sein Gericht ist der Zuspruch der Gnade, des Lebens, des Heils.

Durch sein Gericht wird offenbar, was „Recht“ ist:

Recht ist es, Hungernde zu speisen, und Gefangene zu befreien.

Unrecht hingegen ist, vom Elend der Menschen ungerührt zu bleiben und Hilfe zu verweigern.

Liebe Schwestern und Brüder, Jesus sitzt zur rechten der Macht, der König des Friedens. Wir wollen so leben, dass wir uns auf sein Gericht der Gnade freuen können, wenn offenbar wird, dass wir recht getan haben.

24. Januar 2016: 3. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern! Liebe Brüder!
„Der Herr hat mich gesandt, damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe!“

Schon im Buch Exodus steht die Regel, ein sogenanntes Jubeljahr zu halten. Ein Jahr, in dem die Schulden erlassen werden, die Felder ruhen.

Alle Sieben Jahre hielten die Israeliten so ein Jubeljahr.

Franziskus hat dieses Kirchenjahr ebenfalls zu einem Jubeljahr, einem Heiligen Jahr bestimmt: „Barmherzig wie der Vater“ ist es überschrieben!

Franziskus hat dabei Anordnungen getroffen, die deutlich machen, dass es ihm wirklich darum geht, dass die Menschen in diesem Jahr in ganz besonderer Weise die Barmherzigkeit Gottes erfahren können:

Zum Beispiel hat er den Frauen, die ein Kind abgetrieben haben – oft auch unter dem Druck ihrer nächsten Umgebung – ein deutliches Signal gegeben, dass sie eingeladen sind, um in der Kirche Versöhnung zu finden und ihren Platz.

„Ein Gnadenjahr des Herrn“ hat Jesus ausgerufen:
Beschrieben ist es so: den Armen eine gute Nachricht bringen – das kann nur heißen, dass Ihre Armut gelindert oder beseitigt wird;
den Gefangenen wird Entlassung verkündet; die Blinden sollen wieder sehen  und die „Zerschlagenen“ sollen frei werden.

Dieses Gnadenjahr ist nie zu Ende gegangen –es dauert bis heute an:
Gottes Barmherzigkeit ist uns und verwandelt uns zu barmherzigen Menschen.

Wir sind doch „arm“ – ob wir nun viel oder wenig Geld haben:
wie flüchtig ist die Gesundheit, wie empfindlich unser Leben.

Wir sind doch gefangen und verfangen in den Unrechtsstrukturen dieser Erde: unseren Wohlstand bezahlen viele Menschen mit bitterer Armut:

Wie sind doch oft blind für das, was die Liebe gebietet,
für den Mitmenschen und dafür, wie wir ihm gut tun können.

Unser Vertrauen in das Gute und in den gütigen Gott ist doch angeschlagen und manchmal zerschlagen, weil sich das Böse, das Unheil so breit macht in der Welt.

Wir armen, gefangenen, blinden und zerschlagenen Menschen dürfen Gottes Barmherzigkeit erfahren: er nimmt uns an. Er teilt unser Leben und teilt sein Leben mit uns.

Immer wieder nimmt er uns an der Hand: Er gießt seinen Geist in unsere Herzen ein, er weckt den Glauben an Liebe und Güte, und bewegt uns dazu, dass wir uns einsetzen für die Menschen,

die jeden Tag ihre Armut bitter spüren,

die scheinbar in einer Spirale gefangen sind
und daraus keinen Ausweg finden;

die blind geworden sind für die Mitmenschen, weil sie nur noch sich sehen und ihre Krankheiten, Sehnsüchte, Erfahrungen, Leistungen und Erfolge;

Gott schenkt uns seinen Geist, seine Gnade, damit wir uns denen zuwenden, die aufgegeben haben, die den Mut verloren haben, die nur noch schwarz sehen und das schreckliche Ende kommen sehen und erwarten.

Liebe Schwestern und Brüder, wer skeptisch ist, ob denn ein solches Jahr etwas ändert, mag dafür gute Gründe anführen können.
Es gibt tatsächlich keinen Automatismus der Gnaden.
Der Papst hat keine Gnaden zu verteilen hat, die auf die Menschen herabströmen und ihr Leben besser machen.

Doch: wir können das auch mit anderen Augen sehen:
Es ist doch ein bereits ein Geschenk, dass dieses Jahr der Botschaft gewidmet ist: Gott ist barmherzig! Er hat Sehnsucht nach uns Menschen.
Der Friede wird kommen. Die Menschen werden den Weg in die Zukunft finden, Gerechtigkeit und Frieden werden die Menschen erfreuen.

Es liegt an uns, dass wir uns der Botschaft der Barmherzigkeit öffnen, dass wir weitergehen, um immer mehr barmherzige Menschen zu werden: Menschen, die dafür leben, dass es dem anderen gut geht.