2. Juni 2013: 9. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder!
Erst kürzlich habe ich wieder gelesen, es sei nicht richtig, dass wir uns in der Messfeier so oft und so intensiv als Sünder bezeichnen –
zum Beispiel auch in dem Gebet vor dem Empfang der Kommunion:

Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein Dach.
Aber sprich nur ein Wort, dann wird meine Seele gesund.

Ich gebe zu, dass ich das nachempfinden kann.
Muss sich der Mensch vor Gott wirklich so klein machen?
Demut, Ehrfurcht, Gehorsam – wird das nicht in übertriebener Weise betont?

Ich meine, dass ich da eine gewisse Ungleichzeitigkeit beobachten kann:

Während die Texte der Messfeier und die Gebete dies nach wie vor ausdrücken und nahelegen – sind uns diese Haltungen seit langem mehr oder weniger fremd geworden.
Sollen wir das bedauern oder uns darüber freuen?

Lassen wir uns von der Geschichte des römischen Hauptmann und seiner Sätze gegenüber Jesus anregen und denken wir über die rechte Gottesbeziehung nach.

Warum lässt der Hauptmann Jesus ausrichten: „Ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst. Ich habe mich nicht für würdig gehalten, selbst zu dir zu kommen.“

Der Hauptmann – ein Heide – möchte dem Juden Jesus auf keinen Fall etwas zumuten, das ihn in Verlegenheit bringen könnte. Ein Jude hätte sich verunreinigt, sobald er das Haus eines Römers betritt.
Mir erscheint der Hauptmann in dieser Geschichte äußerst respektvoll und rücksichtsvoll gegenüber Jesus.

Zugleich vertraut er darauf, dass Jesus bereit ist ihm und seinem Sklaven zu helfen.

Was ich mir nicht vorstellen kann ist, dass irgendein Mensch Angst haben muss, er könnte Gottes Größe mindern.
Wir können Gott nicht kränken, ihn nicht verletzen oder auf irgendeine Weise seine Vollkommenheit antasten. Davor müssen wir keine Angst haben.

Für uns jedoch ist es wichtig, dass wir zum Ausdruck bringen, wie groß wir von Gott denken! Dadurch wächst in uns das Vertrauen in ihn, den Anfang und das Ziel aller Dinge.
Von ihm her haben wir die Würde empfangen, die wir als unveräußerlich und unantastbar einschätzen.
Zu Recht könnten wir die Worte des Hauptmanns auch verändern und sagen: Herr, du gibst mir Würde, du gibst mir Leben, dein Wort schenkt mir Frieden und Einheit und Leben.

Darf ich unser Verhalten gegenüber Gott vergleichen, mit einer Verhaltensweise, die uns Menschen angeboren ist:
Dass wir ein kleines Kind so behutsam wie möglich anfassen und behüten, damit wir ihm nicht im Geringsten wehtun sondern ihm Zärtlichkeit und Bewunderung schenken?

Dabei fühlen wir uns nicht klein und demütig, sondern wir freuen uns, wir sind voll guter Gedanken und nehmen Teil an der Sorge für dieses Menschenkind und sein Leben.

Schwestern und Brüder, diese Ehrfurcht, die wir ganz von selbst einem Menschenkind entgegen bringen, ist auch Gott gegenüber angemessen.

Sie macht uns nicht klein, sondern sie drückt aus, dass wir uns ihm anvertrauen, dass wir ihm vertrauen und dass wir ihm dankbar sind für das Geschenk des Lebens.
Wenn wir Gott verehren, wird darin unsere Ehrfurcht vor dem menschlichen und vor allem irdischen Leben gestärkt,
dass in ihm seinen Ursprung hat. Und das ist gut so.