11. September 2016: 24. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Das Buch Exodus in der Heiligen Schrift der Juden hat eine ganz besondere Bedeutung. Es enthält das Bundesbuch. Gesetze für das Miteinander, Regelungen für Streitfälle, für Verbrechen, moralische Regeln über die sexuellen Beziehungen, Vorschriften für den Kult. Und vieles mehr.

Das Bundesbuch ist der ganze Stolz der Juden: Sie sind das Volk, mit dem Jahwe einen Bund geschlossen hat. Nicht irgendein Despot, ein autokratischer König oder Diktator – Gott hat ihnen Gesetze gegeben und sie damit in Freiheit gesetzt und zu seinem Volk gemacht.

Dieses Bundesbuch enthält auch die Dramatik in der Beziehung zwischen Gott und seinem Volk Israel: Gott führt sein Volk in die Freiheit, er führt sie durch die Wüste doch immer wieder zweifelt das Volk an Gottes Treue, lehnt sich gegen Gott auf und wendet sich sogar Götzen zu.

So auch, als Mose 40 Tage und Nächte auf dem Berg Israel ist und von Gott die Gesetze erhält. Die Israeliten zweifeln, ob er zurückkommt und machen sich aus dem Gold ihres Schmuckes selbst einen Gott: ein goldenes Kalb und verehren darin Baal, den Gott der Kanaaniter. – Gott, der Herr scheint schon entschlossen, dieses Volk zu vernichten.

Die Theologen, die das Buch Exodus verfasst haben, entwerfen nun einen Dialog, in dem sich Mose Gott gegenüber zum Anwalt für sein Volk macht.
Er erinnert Gott an seine Versprechen und an alles, was er schon
für sein Volk getan hat, so dass Gott sich besänftigen lässt.

Liebe Schwestern und Brüder, die Fragen dieser Geschichte sind auch unsere Fragen: Kann mir Untreue vergeben werden?
Kann es dennoch eine gemeinsame Zukunft geben?
Muss der Mensch Gottes Urteil fürchten, wenn er gegen sein Gewissen handelt und anderen Böses tut?

Israels Glauben ist: Wenn auch wir untreu sind – Gott bleibt sich treu:
Er gewährt immer wieder neu Segen.
Das sich entwickelnde Leben bricht nicht ab. Es gibt immer eine Zukunft.

Liebe Schwestern und Brüder, Jesus von Nazareth geht in seiner Verkündigung noch weiter: Er erklärt, warum er sich mit Leuten umgibt, die sonst als Asoziale abgestempelt sind – als Leute, mit denen man nichts zu tun haben will. Er findet und weckt in ihnen den Willen, gut zu sein.

Es ist nicht wie im Buch Exodus, wo Mose Gott besänftigt. Vielmehr geht Jesus im Auftrag des himmlischen Vaters auf die Sünder zu und gibt ihnen Ansehen und Zuwendung. Er zeigt ihnen, dass sie nicht aus Gottes Liebe herausgefallen sind.

Jesus hat keine Scheu, diese Menschen als Sünder zu bezeichnen –
aber er erkennt, dass sie nach dem Leben suchen,
dass sie sich Anerkennung und Zuwendung wünschen.

Liebe Schwestern und Brüder,
denken wir an unsere eigene Lebensgeschichte:
denken wir an die Episoden, wo wir auf der Kippe standen:
Kann ich mich in der Situation des verlorenen Schafes wiederfinden?

Wie oft bin ich schon wiedergefunden worden: es gab jemand, der da war, der mir wieder Mut gemacht hat, der bei mir aushielt, der mich mitzog.

Vielleicht aber gehören sie auch zu denen, die immer dabei geblieben sind. Darüber dürfen sie sich freuen.

Uns aber lehrt Jesus, dass wir niemanden abschreiben,
Hoffentlich gibt es jemand, der in den Menschen wieder den Glauben an das Gute und den Willen zum Leben findet und stärken kann.

Auch uns selbst gilt die Botschaft:
Der gute Hirt, Gott selbst,  wird dafür sorgen, dass die Schöpfung lebt, dass der Mensch den Weg zum Leben findet.
Wir dürfen hoffen und vertrauen, dass das Leben – weil es von Gott kommt – Zukunft hat.

Und wir dürfen uns über jeden Menschen freuen, der mit uns den Weg zum Leben suchen will. Besonders dürfen wir uns freuen, wenn wir wie ein wiedergefundenes Schaf wieder den Weg des Lebens gehen.

15. September 2013: 24. Sonntag im Jahreskreis

22779coHier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Alle Zöllner und Sünder kamen zu Jesus – und die Pharisäer und Schriftgelehrten empörten sich darüber!

Da erzählt Jesus ihnen von der Freude des Himmels!
Am liebsten, Schwestern und Brüder, möchte ich mich zu den Sündern setzen – Warum?

Erstens ist dort mein Platz:
Ich weiß doch, was in meinem Leben nicht gut ist:
Ich weiß doch, um den Unfrieden in mir,
um die Gleichgültigkeit gegenüber der Not.

Ich weiß doch, wie viel fehlt, damit ich wirklich auf Gott hin leben würde.

Das Zusammenleben von uns Menschen wird gestört und belastet

  • vom Stolz, der zu sehr danach verlangt, dass wir beachtet werden und dass unsere vermeintlichen Verdienste herausgestellt werden;
  • Von der Habsucht  und vom Geiz, der nicht genug kriegen kann und deshalb nicht davor zurückscheut, Unrecht zu tun;
  • Vom Neid, der dem anderen dies und das nicht gönnt – und deshalb Gefühle der Feindseligkeit entstehen lässt.
  • Vom Zorn der sich nicht besänftigen lässt, der das Maß verliert und einen Menschen unversöhnlich werden lässt.

Das Miteinander der Menschen wird belastet,

  • weil Menschen die Bedürfnisse und die Würde des anderen missachten,
  • weil sie nicht das rechte Maß finden – und sich so selber schaden;
  • und schließlich, weil wir zu träge sind, weil es uns zu mühsam ist, uns füreinander, für die Gemeinschaft, für die Wahrheit, für den Glauben, einzusetzen.

Deshalb, Schwestern und Brüder, möchte ich gerne unter den Sündern sitzen und Jesus zuhören.
Ich merke, wie mich seine Worte treffen, wie er mir hilft, mich zu erkennen und was meine Sünde ist.

Ich merke, wie er Bewegung in die Starrheit bringt und die Sehnsucht danach weckt, wieder lebendiger zu werden.
Er spricht ja von der Freude die im Himmel herrscht, wenn ich tatsächlich anders werde, wenn ich mich verändern lasse.

Wenn wir hinter uns lassen, was uns selbst und das Miteinander blockiert, werden wir wieder mehr Freude spüren und mehr Kraft.

Jesus Wort kann uns verwandeln, so dass wir Menschen werden, durch die das Miteinander leichter wird:

  • Menschen, die Augen bekommen, für das, was andere Gutes schaffen;
  • Menschen, die dankbar und zufrieden sein können;
  • Menschen die sich mit andern über ihr Glück freuen;
  • Menschen, die nachsichtig sind, wenn sie anderen etwas vorzuwerfen haben.

So wird das Miteinander friedlich und heil,

  • weil die Achtung vor dem Anderen an erster Stelle steht;
  • weil das Zuviel und das Zuwenig wahrgenommen wird;
  • weil Mut und Begeisterung erwachsen, um die eigenen Kräfte einzusetzen für das Miteinander und für die anderen.

Die Lebensfreude, die himmlische Freude am Leben, steht jedem offen – das hilft Jesus zu verstehen –
Jesus ruft die Menschen, er ruft mich und sie zurück ins Leben!

21. April 2013: 4. Ostersonntag

Hirt und HerdeHier geht es zu den liturgischen Texten: Beuron

„Meine Schafe hören auf meine Stimme und folgen mir!“

Liebe Schwestern und Brüder,
ja, die Stimme Jesu kennen wir. Wir hören sie seit so langer Zeit – seit Kindertagen sind wir mit ihr vertraut.

Das war nicht so, als das Johannesevangelium entstand. Die auf Jesus hörten waren damals aus der Synagoge ausgeschlossen worden – weil sie glaubten und verkündeten: Jesus ist der Messias – der Sohn Gottes.

Deshalb verallgemeinert das Evangelium und spricht einfach von „den Juden“.

„Bist Du der Messias?“ wird Jesus gefragt?

Der antwortet: „Ich habe es euch gesagt, aber IHR glaubt mir nicht – weil ihr nicht zu meinen Schafen gehört!“ Meine Schafe hören auf meine Stimme. Ich gebe ihnen ewiges Leben.“ Am Ende dieser kurzen Ansprache sagt Jesus: „Ich und der Vater sind eins!“
Als die Juden das hörten, dachten sie: Er ist ein Mensch und macht sich selbst zu Gott. Und sie hoben Steine auf, um ihn zu steinigen!

Wenn wir diese Aussagen in ihrem richtigen Zusammenhang stellen, merkt man, welche intensive und gefährliche Auseinandersetzung dahinter steht.
Eine Auseinandersetzung, die Jesus und später vielen seiner Jünger das Leben gekostet hat. Ist Jesus ein Mensch und nur ein Mensch? –
Oder ist er der, der von Gott gesandt ist?

„Ich und der Vater sind eins!“ – formuliert das Evangelium.
Wenn ich das glaube, dann ist das, was Jesus sagt, was er tut, was er lehrt nicht irgendetwas, sondern es ist Gottes Wort!
Und da Gott der einzige Herr ist, der Herr aller Herren, der über allen steht, muss ich dann auf ihn hören.

„Meine Schafe hören auf meine Stimme. Ich kenne sie und sie folgen mir!“
Will ich zu Jesus gehören? Will ich ihm folgen und auf ihn hören?

Schwestern und Brüder, ich denke, wir haben die Antwort längst durch unser Leben gegeben.

In Jesu Worten erkennen wir Gottes Stimme und Botschaft. Denn es sind Worte, die Leben bedeuten, die Freiheit geben, die Zuversicht wecken, die zur Liebe rufen.

Es ist aber ähnlich wie zur Zeit des Evangelisten: Wenn wir auf Jesus hören und ihm folgen, geraten wir in Widerspruch zu anderen.
Es sind nicht mehr die „Juden“, die uns vorwerfen, wir würden einen Menschen zu Gott erklären –
Der Glaube an Christus erregt Anstoß bei denen, die keinen Gott anerkennen, sondern Wachstum und Rendite als oberste Maxime ausrufen

Der unbedingte Respekt vor dem menschlichen Leben von der Zeugung an bis zu seinem Tod wird als altmodisch und konservativ bezeichnet.
Die Orientierung an Gottes Geboten gilt als rückständig und verzopft.

Schwestern und Brüder, auch heute wird uns vorgeworfen, dass wir Jesus – einen Menschen – zu Gott machen – statt auf das zu hören, was die Herrschenden in der Politik und in der Wirtschaft und in den Medien wollen.

Doch ich höre in Jesu Worten Gottes Stimme,
die Stimme, der allein ich unbedingt folgen will,
weil nur seine Stimme zum Leben führt.