30. März 2014: 4. Fastensonntag

Hungertuch 2013-14

Hier geht es zu den liturgischen Texten Schott

Es ist eigentlich sehr treffend, doch beim ersten schnellen Hören kann einem das fast nicht auffallen, wie die Geschichte von der Heilung des Blindgeborenen beginnt: „Jesus sah einen Mann, der blind war!“

Blind war Jesus jedenfalls nicht, sondern er hatte einen offenen Blick gerade für die leidenden Menschen, die vom Leben benachteiligt waren.

Das Hungertuch von MISEREOR ist möchte ich unter diesem Thema des Sehens als Ausgangspunkt nehmen:

Zu allererst fordert es uns heraus, dass wir es ansehen und uns auf das Bild einlassen: die Ordnung auf diesem Bild mit den vier Szenen, zwischen denen ein gelb leuchtendes Kreuz entsteht.

Rechts oben sind die Menschen mit Jesus am Tisch darge­stellt, die er sah: Gelähmte, Verkrüppelte und wegen verachtete Menschen.

Links daneben sehen wir ‑ sozusagen mit den Augen Jesu ‑ die Menschen, die Hunger haben und den Jungen, der seine Brote und Fische spendet.

Darunter sind die Menschen dargestellt, die keinen Blick haben für die Not der Menschen, die ihnen ihre Hände entgegenstrecken.

Und daneben sehen wir die Kinder. Sie sehen einer guten Zukunft entgegen, weil sie im Frieden und ohne Not teilen können.

Das Leitwort der MISEREOR Fastenaktion 2014 bringt uns zum Nachden­ken: „Mut ist zu geben, wenn alle nehmen!“. Wer gibt, wenn andere nehmen, sieht die Welt mit anderen Augen – mit den Augen Jesu.

Deshalb möchte ich heute am Sonntag vor der MISEREOR Kollekte den Blick auf Menschen, die  mit den Augen Jesu sehen und anfangen, die Not und das Leid zu überwinden:

Es sind Menschen, die im Vergleich zu uns in Armut leben. Aber sie haben die Not verringert und arbeiten erfolgreich für eine bessere Zukunft.

Kotido liegt in einer extrem trockenen Gegend im äußersten Norden von Uganda. Die Männer und älteren Söhne ziehen während der Trockenzeit mit den Rindern auf der Suche nach Wasserstellen und Weideland umher. Ihre Familien bleiben in den Dörfern.

Die Frauen bauen in der Regenzeit Hirse an. Die Ernte war schon immer knapp. Aber durch den Klimawandel hat sich die Situation verschlimmert. Jeder Dritte leidet unter Hunger. Nicht einmal 10% der Menschen in dieser Region können lesen und schreiben.

Doch es soll und muss nichts so bleiben: Das von MISEREOR unterstützte FAL-Projekt geht beide Probleme zugleich an. FAL steht für funktionale Alphabetisierung und Landwirtschaft.

Projektleiterin Rose Lokiru erklärt die Idee: „Gemeinsam mit den Frauen im Dorf besprechen wir, welche Probleme es gibt. Wichtige Wörter schreiben wir auf die Tafel. Die Frauen schreiben die Wörter ab und bilden neue Wörter. Dabei entstehen Ideen für die Lösung ihrer Probleme. Und wie nebenbei lernen sie auch noch Lesen und Schreiben.“

So entstand die Idee einen Gemüsegarten anzulegen. Aber Hirten sind keine Gärtner. Wie legt man einen Garten an? Wie sät man aus? Wann muss man gießen? Wann ernten? Was tun gegen Schädlinge? Die Projektleiterin Rose Lokiru und ihr Team stehen bei solchen Fragen den Frauen mit Rat und Tat zur Seite. Auch die zunächst fehlende Ausrüs­tung kann den Frauen zur Verfügung gestellt werden. Um den Gemüse­anbau auch in der Trockenzeit zu ermöglichen, hat MISEREOR den Bau von Wassertanks und einfachen Bewässerungsanlagen finanziert.
Dank des Projekts gibt es auf dem Markt in Kotido jetzt Gemüse.

Die mühevolle Arbeit wurde belohnt: In der Regenzeit konnten die Frauen Überschüsse auf dem Markt verkaufen und ein kleines Einkommen für die Familie erzielen. Für den Verkauf auf dem Markt ist es besonders wichtig, dass die Frauen lesen, schreiben und ein wenig rechnen gelernt haben.

Mittlerweile haben es über 1300 Frauen geschafft, ihre Familien auch in der Trockenzeit ausreichend zu ernähren. Lesen und schreiben zu lernen.

Der Erfolg mit den Gemüsegärten hat die Frauen außerdem selbstbe­wuss­ter gemacht. Sie übernehmen nun auch Aufgaben in der Gesellschaft und in der Kirche. So verbessern sie Schritt für Schritt ihre soziale und familiäre Lebenssituation.

17. März 2013: 5. Fastensonntag

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Beuron

Das Misereor Hungertuch findet man hier: MISEREOR-Hungertuch

Wir haben den Hunger satt! – das ist das Leitwort der MISEREOR Fastenaktion in diesem Jahr.
Wir haben den Hunger satt – das ist ein Wortspiel mit der Redewendung „ich habe es satt …“, die Überdruss ausdrückt. Wir wollen nicht mehr hungern müssen!

Ganz darauf abgestimmt ist auch das neue Hungertuch von MISEREOR, das uns heuer und nächstes Jahr zum Nachdenken anregen kann.
Das Hungertuch trägt die Überschrift: „Wie viele Brote habt ihr?“ Das hat Jesus seine Jünger gefragt, als diese ihn aufmerksam machten, dass er die Menschen wegschicken soll, damit sie sich etwas zu essen kaufen könnten.

Die Szene sehen wir auf dem Bild links oben:
Im Hintergrund die Armen, die Hunger leiden. Im Vordergrund ein Tisch, hinter dem ein Kind steht. Es hat alles was er hat, die zwei Fische, auf den Tisch gelegt.
Das Bild ist aus der Perspektive Jesu gezeichnet. Von ihm her fällt helles Licht auf den Tisch und den Jungen.
Ein Mensch fängt an zu teilen, ein Mensch fängt an, aus Liebe zu handeln, ein Mensch, vertraut sich und seine Möglichkeiten Gottes Kraft an.
Was dieses Kind bringt, reicht für alle.

Das Bild darunter beschreibt den betrüblichen Teil der menschlichen Wirklichkeit: Der Tisch auf dem Bild ist eine Barriere zwischen denen, die Köstlichkeiten in sich hineinstopfen und den Hungernden, die flehend die Arme in die Höhe strecken, damit sie ein wenig Anteil haben am Brot.
Die Frage: Wie viele Brote habt ihr? Findet kein Echo. Niemand bringt etwas. Diese Selbstsucht führt viele Menschen in den Tod durch Krankheit und Hunger. Sie führt zu Gewalt. Deshalb sind im Hintergrund die drei Kreuze. Doch auch hier ist das Licht Christi zu sehen: die Verheißung einer solidarischen Welt.

Rechts oben ist Christus dargestellt. Um ihn herum sind Kranke, Verkrüppelte, Kinder und ihre Mütter. Christus teilt Brot und den Wein mit ihnen – wie der Junge auf dem Bild links daneben – gibt er sich – auch in der Fußwaschung die in dieses Bild aufgenommen ist.
Miteinander das Brot teilen. Einander die Füße waschen, einander dienen – so entsteht Gottes Reich mitten in der Welt. So strahlt das Licht Jesu in diese Welt.

Das Bild rechts unten ist ein Gegenbild zu dem daneben:
Kinder sitzen auf dem Tisch, der nun keine Barrikade mehr ist. Getreidehalme mit vollen Ähren umspielen ihre Füße. Es ist das Leben in Fülle, das Jesus verheißt. So sehr diese Verheißung das Jenseits betrifft, das Leben in Gottes Herrlichkeit. Könnte sie nicht auch Gegenwart sein, wenn wir Menschen die Frage beantworten: „Wie viele Brote habt ihr?“
Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt – heißt es in einem Lied! Besonders heute – aber nicht nur heute – sind wir eingeladen zu teilen, was wir haben, damit der Hunger weniger wird und die Menschlichkeit, die uns über die Evolution hinaushebt, zunimmt.

Ans Ende der Ansprache möchte ich einige Sätze von Bischof Theotonius Gomesaus Dhaka/Bangladeschstellen,

Liebe Freunde,
ich heiße euch herzlich willkommen, mit mir einige persönliche Gedanken zur TischSymbolik dieses Hungertuchs zu teilen.
Lasst mich auf der konkreten Ebene beginnen: die Nahrung, die uns zuteil wird, sollen wir behutsam und bewusst essen, um satt zu werden; und wir sollen sie mit Freude kosten und schmecken, um die Güte, die uns widerfährt, bewusst wahrzunehmen. Mit einer solchen Haltung werden wir Zugang zum Geist des Fastens und der Fastenzeit gewinnen.

Ja, lasst uns satt werden und uns stets freuen an dem Brot, das wir essen. Sollte uns im Überfluss diese einfache Freude abhanden gekommen sein, lasst sie uns demütig wieder erlernen von den Armen und all jenen, die hungern. Auch wenn es wie ein Wunder erscheinen mag: Sie freuen sich an der einen, sehr einfachen Mahlzeit am Tag, derer sie vielleicht habhaft werden können.

Lasst uns die Güte der Nahrung erkennen als Gottes tägliches Geschenk an uns, als Geschenk der Erde und unserer Hände Arbeit, ein Geschenk, dem eine Dimension des Heiligen innewohnt, und das uns zuteil wird, damit wir leben können. Die Dimension des Heiligen in unserer Nahrung wird dort umso deutlicher, wo sie von reichen und armen Menschen geteilt wird als Zeichen der Freundschaft und familiären Verbundenheit – auch wenn diese Menschen weit entfernt voneinander wohnen.

Nichts von dieser so wertvollen Nahrung darf vergeudet, nichts weggeworfen werden. Aber wir wissen: es gelingt uns bis heute nicht, die eine, liebevolle Menschheitsfamilie auf der Erde zu schaffen unter dem Zeichen des Täglichen Brotes. Wir sind beschämt und niedergeschlagen. Ja, »wir haben den Hunger satt«, den Hunger, der den Tod bedeuten kann, den Hunger, dessen Schmerzen den Hungernden peinigen. Es gelingt uns nicht, den Hunger unserer Tage zu stillen. Lassen wir, liebe Freunde, jenen inneren Hunger in uns entstehen, der den Hunger aus der Welt verbannen kann.

Hier halten wir einen Moment inne und wagen es, auf jene die Zeiten übergreifende Tischrede im Gebet unseres Herrn zu hören: »Unser tägliches Brot gib uns heute.« Lasst es uns inständig beten, auf dass es für alle Wirklichkeit werden möge. Das Herrenmahl ist die Gnade, die uns leitet, wenn wir unsere täglichen Gaben darbringen und gestärkt werden in der Feier der Eucharistie. Wir beten und versprechen, uns mit all unserer Kraft, mit unserem Körper und unserem Herzen einzusetzen für eine weltweite Kultur und Zivilisation des Täglichen Brotes als Zeichen der Gegenwart seines Reiches unter uns, im Hier und Heute.