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Liebe Schwestern und Brüder,
bevor wir uns Gedanken über diese Sätze des Lk-Ev machen, müssen wir uns ein paar grundlegende Dinge ins Bewusstsein rufen:
1. Der Evangelist hat viele Erinnerungen und Überlieferungen an Jesus und sein Wirken zusammengetragen und daraus sein Evangelium zusammengestellt. Dabei hat er als Redaktor immer zwei Dinge im Auge:
Jesus verkünden als den Messias Gottes, den Retter der Menschen – und –
die Situation der christlichen Gemeinden.
2. Das Lukasevangelium wurde in einer Zeit zusammengestellt, in der es schon einen größeren Zulauf zu den christlichen Gemeinden gab.
Lukas möchte den vielen Interessenten klar machen, was die Entscheidung für Christus bedeutet und welche Konsequenzen sie hat.
Das Evangelium ist also mehr als eine Chronik. Es verkündet den Glauben an Jesus und seine Auswirkung auf das Leben der Christen.
„Wer seine Eltern, seine Familie, sein Leben nicht (hasst) gering achtet,
wer nicht bereit ist, sein Kreuz auf sich zu nehmen, ist meiner nicht wert.“
Wenn ich das höre, muss ich erst mal durchschnaufen.
Wer darf so etwas verlangen?
Aber bitte, bevor wir uns entrüstet zurückziehen, überlegen wir noch einen Augenblick:
So etwas gibt es doch, dass Leute Entscheidungen treffen, die sogar die Familie in Frage stellen:
Heute im Radio wurde berichtet von dem SPD Gemeinderat Stefan Großglettner aus Ruhpolding, der sich öffentlich gegen die NSDAP stellte – deswegen mehrfach ins Gefängnis kam, seine Wohnung verlor und am Kriegsende noch eingezogen wurde und in den letzten Kriegstagen tragisch den Tod fand.
Schwestern und Brüder, wer zu seiner Überzeugung steht, muss oft schwere Entscheidungen treffen, muss alles, was ihm sonst wertvoll ist, zurückstellen.
Der Glaube an Jesus Christus kann eine solche Entscheidung sein.
Jünger Jesu zu sein, ist eine Entscheidung, die den Menschen als Ganzes in Anspruch nimmt. Diese Wahl steht nicht auf einer Ebene mit anderen Gütern.
Es geht um alles, wenn man sich für die Jüngerschaft Jesu entscheidet.
Diese Entscheidung muss wohl überlegt sein, wie das Evangelium mit den beiden Beispielen vom Turmbau und vom König und seinem Kriegszug zeigen:
Mit dem Jesus Wort von Nachfolge und mit den beiden Bildworten macht Lukas den vielen, die sich den christlichen Gemeinden anschließen wollen klar:
Wir Christen verlieren jedes Ansehen, wenn wir unsere Jüngerschaft verraten: wenn wir – wie andere – den eigenen Nutzen, Geld und Bequemlichkeit wichtiger erachten;
Wenn wir verschämt mit unserer Überzeugung hinter dem Berg halten, weil wir vielleicht keine Zustimmung finden;
Die sind auch nicht anders als andere – das ist das schlechteste Urteil, das man über uns sagen kann.
Liebe Schwestern und Brüder,
viele Jahrhunderte war es eher ein Mitläufertum, zur Kirche zu gehören und in der Kirche mitzumachen.
Immer mehr wird es eine Frage der persönlichen Entscheidung und Konsequenz: will ich Jesus nachfolgen?
Will ich die Sorge für andere, für das Reich Gottes an die erste Stelle setzen?
Bin ich bereit, mein Familienleben, mein Geld, meine Zeit, meine Reden und Handeln mit aller Kraft darauf auszurichten?