Liebe Schwestern und Brüder,
fast 8 Milliarden Menschen leben auf unserer Erde. Das ist eine gewaltige Zahl. Und es ist ein gewaltige Menge an Begabungen, an Sehnsüchten, an Problemen.
Eines der größten Probleme ist nach wie vor der Hunger: Über 800 Millionen Menschen leiden unter Hunger.
Ungefähr 80 Millionen Menschen fliehen um Kriegshandlungen zu entkommen. Noch viel mehr Menschen leben in Kriegsgebieten und leiden darunter.
Diese Millionen Menschen mit ihren Nöten und Sorgen sehe ich stellvertreten in den 5000 Männern, die gemäß dieser Geschichte um Jesus versammelt waren. Diese 5000 stehen stellvertretend für das Heer der Menschen, die sich nach Frieden sehnen. Sie stehen für die Menschen, die mit Problemen kämpfen, mit Krankheiten, die verzweifelt sind. Menschen, die ihr Leben irgendwie als sinnlos und bedroht erfahren.
Die ganze Menschheit steht vor riesigen Problemen: die Welt wird sich in den nächsten Jahrzehnten verändern. Viele werden wegen steigender Meereshöhe nicht mehr dort leben können, wo ihre Ahnen über lange Zeit lebten.
Die Weltbevölkerung nimmt jedes Jahr um ca. 50 Millionen Menschen zu. Wie soll der Hunger gestillt werden, die Kinder unterrichtet, die Kranken versorgt?
Wenige Multimilliardäre reißen immer mehr an sich. Der Wohlstand ist immer ungleicher verteilt. Die Benachteiligten fangen an, sich dies nicht mehr gefallen zu lassen.
All diese Menschen sehe ich versammelt auf dem Berg – hoffend darauf, dass Jesus ihnen einen Weg zeigt.
Als Berichterstattung eines Ereignisses fasse ich die Geschichte nicht auf.
Wie sollte sich Jesus in der einsamen Gegend 5000 Menschen verständlich machen? Wie hätten die Römer auf eine solche Versammlung reagiert?
Woher kamen am Schluss plötzlich die 12 (!) Brotkörbe, obwohl doch nur ein kleiner Junge 5 Brote und zwei Fische zur Verfügung stellen wollte.
Vielmehr verkündet diese Geschichte, was Jesus bedeutet: sie ist Ausgangspunkt der sogenannten Brotrede, die wir an den kommenden Sonntagen anhören werden.
Aber auch für sich allein ist diese Geschichte schon eine Mutmachge-schichte:
Es geht mir um den kleinen Jungen mit seinen 5 Broten und 2 Fischen. Er bringt dieses bisschen in der Naivität eines Kindes, das helfen will. Es kann aber nicht einschätzen, dass das doch viel zu wenig ist für die Menge.
Brote und Fische stehen für das, was die Menschen suchen:
Achtung ihrer Würde, dass sie für sich und ihre Familie sorgen können,
dass sie satt werden und in Frieden nach ihren Gebräuchen an einem sicheren Ort leben können.
Die Menschen suchen Hoffnung, dass sie die Welt gut gestalten können und dass all ihr Bemühen nicht umsonst ist.
Dieser kleine Junge ist der Held in der Geschichte. Warum? Weil er das wenige, das bisschen herbeibringt. Er will es zur Verfügung stellen und teilen. Er will helfen – wenn auch mit fast nichts.
Da fallen mir die Helfer ein, die nur mit einem Spaten ins Ahrtal kommen, um zu helfen. Da sind die Leute, die einfach Suppe und Eintopf bringen, damit sich die Menschen stärken können. Es ist nicht viel. Aber die Wirkung ist tausendmal größer. Es bringt Hoffnung. Es gibt Kraft. Es bewahrt vor Verzweiflung.
Das ist das Geheimnis dieser Geschichte: Jesus zaubert nicht unsere Probleme weg. Das Wunder dieser Geschichte wiederholt sich immer wieder: wenn Menschen auf Gott hören und Gottes Werke tun, wenn Menschen teilen und trösten, Gerechtigkeit herstellen und Wunden heilen, wird sich das Gute, das sie tun, multiplizieren und vervielfachen. Wir brauchen nicht denken, was kann ich schon tun. Wir dürfen darauf vertrauen, dass sich das wenige Gute, das wir mit unseren kleinen Möglichkeiten tun, vervielfacht, weil Gott das Gute in die Schöpfung eingepflanzt hat. Es ist wie ein Pilzgeflecht, das sich unterirdisch ausbreitet und überall seine Früchte hervorbringt – in Gottes Kraft.