10.09.2017: 23. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Ezechiel wurde wie große Teile seines Volkes Juda nach Babylon verschleppt. Zuerst kündet er davon, dass Jerusalem und der Tempel von Babylon ganz zerstört würden. Dann aber, nachdem dies Unheil eingetreten ist, kündet er von der neuen Zukunft für Israel und richtet es durch Hoffnungsbotschaften auf.
Ezechiel fühlt sich zum Wächter Israels berufen: Er soll Israel davor warnen, Unrecht zu tun und den Weg des Lebens zu gehen.

Brauchen wir nicht auch heute Wächter, die darauf achten, dass wir nicht den Weg des Lebens verlassen und Wege gehen, die Tod bringen – anderen und uns selbst?

Die Kirche, gerade auch Franziskus, tritt häufig als Wächter der Mensch­lichkeit auf: die Liste der Themen ist lang:
Die Gewinnsucht der Menschen wird angeprangert, die Diktatur des Relativismus bedauert, der Schutz des ungeborenen Lebens angemahnt,
die besondere Bedeutung der Ehe von Mann und Frau herausgestellt,
es wird zum Frieden gemahnt.

Sollen wir, dürfen wir als Kirche die Gesellschaften, die Regierungen und Völker mahnen – ausgehend von unseren Werten? Es ist ja ein wesentlicher Unterschied zu den Zeiten Ezechiels:

Israel sah sich als von Gott auserwähltes Volk, es war sein Volk, das sich verpflichtet wusste, den Weisungen Gottes zu folgen.

Unsere Gesellschaft ist eine offene Gesellschaft. Die gemeinsame Basis des Zusammenlebens sind nicht Gottes Gebote, sondern die Achtung der Menschenwürde, die Freiheit jedes Einzelnen, die Gleichheit vor dem Gesetz.
Doch die Lebensweise jedes Einzelnen, seine Moral und seine Wertvorstellungen – sind so verschieden, individuell. Jeder darf – innerhalb der Gesetze – leben, wie er will. Diese Gesetze stammen nicht von Gott, sondern vom Deutschen Bundestag, von der Menschenrechts­konvention, vom europäischen Rat und Parlament.

Die Christen sind eine – untereinander höchst unterschiedliche – Gruppe in der Gesellschaft, mit eigenen gemeinsamen Werten: (zum Beispiel: Ja zum Leben, auch zu Menschen mit Behinderungen) doch niemand wird uns zugestehen, dass wir sie denen aufdrängen, die keine Christen sind.

Propheten brauchen wir selbst: Propheten, die Gottes Wort der Mahnung und Warnung und der Hoffnung sprechen – für uns, die wir uns als das neue Volk Gottes verstehen, als Schwestern und Brüder Jesu, der uns mit Gott versöhnt hat.

Was hätte ein Prophet uns, der Kirche Gottes, zu sagen? Was hat er uns zu mahnen?

Werdet euch bewusst, dass ihr aus einer anderen Quelle lebt:
Ihr seid Gottes Kinder! Euer erstes und wichtigstes ist, dass ihr an die Liebe Gottes zu euch glaubt. Er ist Euer Leben. Er schenkt euch das Heil – dieses Heil ist im kommenden Leben für euch bereit – nicht in dieser Welt.

Euer wichtigstes ist, dass ihr Gottes Liebe erwidert: dass ihr euren Mitmenschen Gutes tut, dass ihr den Notleidenden helft, dass ihr niemanden überseht, dass ihr zu denen geht, die in der Gesellschaft keinen Platz bekommen.

Habt keine Angst davor, anders zu sein: Habt keine Angst, wenn nicht mehr viele euren Glauben teilen; habt keine Angst, wenn ihr ja sagt zum Leben, auch wenn es krank ist und schwer wird;
habt keine Angst davor, Eure Zeit und Euer Geld zu teilen:

Vielmehr: seid froh, dass ihr Gottes Liebe kennt, seid froh, dass ihr in der Gemeinde gleich gesinnte treffen dürft, seid dankbar für die Hoffnung, die euch gegeben ist. Eure Zukunft ist das Leben in Gottes Licht.

8. Oktober 2016: 28. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Das Alte Testament beginnt mit der sogenannten Thora, mit dem Gesetz: sie umfassen den Zeitraum bis Israel das verheißene Land Kanaan in Besitz nimmt. Dann kommen die 16 Bücher der Geschichte des Volkes Gottes.

Nach der Zeit der Richter wird Israel zum Königreich: Saul, David und Salomo sind die erste drei Könige. Deren Nachfolger taten was dem Herrn missfiel – so heißt es immer wieder. Sie wandten sich fremden Göttern zu, passten sich den Unsitten ihrer Nachbarvölker an: Inzucht und Festgelage, Betrug und Ausbeutung herrschten vor:
Davon erzählen das erste und das zweite Buch der Könige. In dieser Zeit spielen die Propheten eine große Rolle, die immer wieder mahnen, dass das Volk die Gebote Gottes achten soll, damit sein Weg nicht ins Unheil führt. Einer dieser Propheten ist Elischa, der Schüler und Nachfolger des Elija. Zu dieser Zeit kam also der Syrer Naaman, der Vizekönig Syriens zum König von Israel mit der Bitte um Heilung von seinem Aussatz:
Fast hätte Joram der König von Israel dies als Provokation ausgelegt und es wäre wieder einmal zu einem Feldzug gegen Syrien gekommen:
Doch Elischa hörte davon und griff ein. Er ließ ihm sagen, er solle siebenmal im Jordan untertauchen und sich waschen. Zunächst wollte Naaman dies nicht tun – in seinen Ohren Klang dies wie eine Veräppelung:

Schließlich tat er es und wurde rein. – Von da an verehrte er Jahwe, den Gott der Israeliten. Darauf zielt die Geschichte ab: Selbst die Feinde Israels werden geheilt, wenn sie dem Wort der Propheten glauben. Jahwe ist der Gott aller Völker und er schenkt allen Heil, die an ihn glauben.

Die Berührungspunkte mit der Heilung der 10 Aussätzigen im Lukasevangelium sind leicht zu sehen: Ausgerechnet ein Samariter, ein Ausländer kommt zu Jesus zurück, um ihm für die Heilung zu danken.

Ich bleibe bei dem Satz hängen, mit dem Jesus ihn ansprach: Steh auf und geh!

Geh! Das heißt nicht: Geh weg von mir!
„Geh“ heißt: du bist gesund, dein Glaube hat dir geholfen und nun: geh! Bleib nicht stehen, sondern ziehe die Konsequenzen aus deiner Heilung.

Geh – zu denen, die krank sind wie du es warst und heile sie.
Geh – zu denen, die ausgeschlossen sind und schenke ihnen Gemeinschaft und Ansehen;
Geh dahin, wo der Geist Gottes dich führt!

Schwestern und Brüder! Dieses Wort ist eine Berufung und wir können es ganz leicht auf uns selbst beziehen:

Jesus gibt uns mit seiner Botschaft immer wieder Mut.

Er gibt uns den Glauben, dass wir gut sein können, so oft wir auch in der Liebe versagt haben.

Er gibt uns Zuversicht, dass unser Leben ein Ziel hat, dass es zu Gott hinführt, dass wir bei ihm leben werden.

Jesus richtet uns immer wieder auf. Und sagt: Nun geh!
Höre auf Gottes Geist in dir und folge ihm.

Steh auf und geh!