26.02.2017: 8. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
eigenartig: gerade da, wo der Wohlstand am größten ist, werden die Menschen weniger, die Gott vertrauen und auf ihn ihre Hoffnung setzen.
Die Argumente sind: Wir sind zu Wohlstand gekommen, weil wir klug sind und hart arbeiten – nicht weil Gott uns etwas geschenkt hat.
Außerdem: wenn es einen guten Gott gäbe, könnte er nicht all das Elend in der Welt zulassen.

Es könnte auch anders sein:
Wir könnten das Loblied auf Gott anstimmen, der unser Tun gesegnet hat, der sich unser erbarmt hat und uns wieder in die Höhe kommen ließ, so dass wir jetzt 72 Jahre nach der totalen Niederlage besser da stehen, als die meisten Länder der Erde.

Es gibt viele Menschen, die in wesentlich schlechteren Bedingungen leben als wir: sie haben oft viel mehr Vertrauen zu Gott und mehr Hoffnung.
Sie haben Angst vor dem Hunger, vor dem Ertrinken, vor Bomben und Granaten und Heckenschützen.
Diese Menschen erlebend die Bedrohung der Natur durch Trockenheit oder Wirbelstürme oder Erdbeben und die Bedrohung durch die Gewalttätigkeit der Eroberer und Kriegsherren, die aus Habgier oder Hass oder Machtgier handeln.

Sie beten zu Gott, hilf uns, rette uns, befreie uns.

Schwestern und Brüder, vielleicht können wir unsere Gedanken und Glaubensempfindungen neu sortieren und uns dabei von der Heiligen Schrift leiten lassen.

Israel ist das Volk Gottes. Es wird auch Zion, die Braut Gottes, genannt, nach dem Hügel auf dem in Jerusalem der Tempel steht

Dieses kleine Volk erinnert sich, wie es aus der Sklaverei befreit wurde – durch Gottes machtvolle Hilfe. Es kommt zu Wohlstand.
Dann breiten sich Missstände aus: Benachteiligung der Armen durch die Reichen, Betrügereien, Versprechen gegenüber Freunden und in der Ehe wurden gebrochen, man wendete sich fremden Göttern zu, weil der Kult sinnenfreudiger war.

Die Propheten in Israel wurden nicht müde zu warnen. Sie haben immer wieder aufgezeigt, dass dieser Weg ins Chaos führen wird. Sie fanden aber keinen Glauben und kein Gehör, sondern wurden verspottet und verfolgt.

Schließlich wird Zion, die Braut Gottes von den Nachbarn angegriffen, geteilt, geschlagen, verschleppt.

Zion klagt nun: „Gott hat mich vergessen!“

Doch Jahwe, der Gott Israels sagt: „Ich vergesse dich nicht!“

Ich glaube dieser Zusage. Dazu gehört untrennbar, dass ich an die Zukunft nach meinem irdischen Tod glaube: dass Gott mir Anteil geben wird an seinem Leben in seinem Licht – in seiner Herrlichkeit. Da wird sich zeigen, dass Gott meiner nie vergisst.

Ich will dankbar sein, dass ich unter so hervorragenden Bedingungen leben darf. Ich weiß, dass das nicht allein mein Verdienst ist. Mir ist bewusst, dass dies für jeden einzelnen gilt. Deshalb will ich Gott  dafür danken, dass in den vergangenen 7 Jahrzehnten friedliebende Menschen unser Land regierten, denen die soziale Gerechtigkeit ein wichtiges Anliegen war. Es waren Menschen, in denen Gottes Geist am Werk war.

Und ich hoffe, dass durch alle Anfechtungen hindurch immer wieder Menschen im Geist Gottes handeln und entscheiden. In den Regierungen und in den Familien und in den großen und kleinen Unternehmen.

Die Botschaft Jesu geht darüber hinaus:
Er sagt: Du musst keine Angst um dich selber haben. Lass nicht zu, dass dein Leben, dass du beherrschst wird von der Sorge um Besitz.
Sorge dich zuerst um das Reich Gottes und um seine Gerechtigkeit.

Deine erste Sorge soll es sein, dass Du gerecht bist, dass du Armut linderst, dass du Kranke pflegst, dass du Anteilnahme zeigst, dass du für deine Familie sorgst, dass du in Frieden lebst, das du fair und ehrlich bist und das Vertrauen deiner Mitmenschen rechtfertigst, …

Dann – sagt Jesus – wird dir alles andere dazu gegeben. Dann wirst Du Nahrung haben und Kleidung und Wohnung – hier in der Welt und erst recht in der kommenden Welt, wenn DU bei Gott sein wirst.

26. Juni 2016: 13. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder
Zweimal ließ Elija Feuer auf einen Hauptmann und seine 50 Leute fallen, so dass es sie verzehrte – das jedenfalls wird im 2 Kön erzählt.
Überhaupt war Elija ein furchteinflößender Mann, der auch nicht zögerte, Baalspriester niedermetzeln zu lassen.

Dennoch ist Elija ein Vorbild für jeden Propheten in Israel – auch für Johannes den Täufer und ebenso für Jesus, den Nazaräer.
Er ist ein Vorbild, weil er seine Stimme erhebt, gegen die Verehrung der Götzen; weil er die Treue Jahwes verkündet und weil er selbst Jahwe treu bleibt – bedingungslos.

Die Könige Israels aber beugten ihre Knie vor den Götzenbildern der Nachbarvölker und dienten ihnen. Sie unterwarfen sich ihnen und deren Gesetzen – und zugleich wandten sie sich so von Jahwe ab – von ihrem Gott, der sie aus Ägypten befreit hatte. Sie brachen den Bund, den Gott mit ihnen geschlossen hatte, damit sie ein freies Volk seien.

Deshalb, Schwestern und Brüder, ist Elija auch zur Zeit Jesu aktuell und er ist es auch heute. Auch heute beugen wir uns vor allen möglichen und scheinbaren Zwängen und opfern ihnen unsere Freiheit.

Die Freiheit behalten wir, wenn wir Gott und sein Reich, wenn wir Frieden und Freiheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit an die erste Stelle setzen als das Ziel unseres Handelns.

Auch Paulus erinnert die Galater: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! Paulus spricht vom „Begehren des Fleisches“, das die Freiheit der Kinder Gottes zunichtemacht.
Diese Ausdrucksweise lässt uns an Essen und Trinken denken, an Alkohol und Drogen, an Pornograpie und Ehebruch.

Paulus geht es aber um etwas anderes: Er spricht von der Freiheit der Kinder Gottes, die sich nicht durch die Erfüllung von Gesetzen Gottes Liebe verdienen, sondern die als erstes – so wie Jesus – aus dem Glauben leben, dass sie von Gott geliebt sind – so wie jeder Mensch, der auf dieser Erde lebt.

Liebe Schwestern und Brüder, und dies fordert ein radikales Umdenken.
Nicht Leistung ist entscheidend, dass wir Gott gefallen,
nicht das Geldvermögen gibt Sicherheit,
nicht die Erlebnisse in der Freizeit bringen Erfüllung,
nicht die Karriere verschafft das Ansehen,
nicht der Genuss von diesem oder jenem macht zufrieden.

Nicht das, was wir uns erarbeiten und leisten können ist entscheidend,
sondern, dass Gott uns liebt, dass Gottes Geist in uns ist,
das macht uns wertvoll und bedeutend – darin liegt unsere Zukunft.

Das bedeutet nicht, das alles abzuwerten, was wir in der Welt an schönem und gutem und an wertvollem finden. Doch wir Menschen sollen uns nicht darum streiten wie Kinder, sondern wir sollen es unter uns teilen, es soll unser Bestreben sein, dass jeder Mensch dies alles genießen kann – heute und in Zukunft.

Liebe Schwestern und Brüder, es ist ein Umdenken bis an die Wurzeln unseres Seins.
Denn wir sind ja gewohnt zu denken, wer besser angepasst ist an seine Umgebung ist im Vorteil und überlebt.
Wir sind ja gewohnt zu denken, dass der Stärkere Recht hat.

Wer mit Jesus gehen will, muss deshalb völlig umdenken:
Er muss tatsächlich sich von allem lösen, was ihn hindert Gottes Reich aufzubauen.
Er muss das Streben nach Besitz und Macht und Geltung hinter sich lassen.
Stattdessen muss er das Reich Gottes suchen: den Frieden miteinander, die Gerechtigkeit für den anderen und die Barmherzigkeit mit dem anderen.

Schwestern und Brüder, der Rückfall ins alte Deken lauert jeden Augenblick: Sollen wir Feuer vom Himmel fallen lassen? Sollen wir die Menschen bestrafen, die dich und uns ablehnen? Jesus sagt: NEIN.
Er geht weiter in ein anderes Dorf.

Liebe Schwestern und Brüder, Jesus ist unser Elias und wir sind Elischa.
Er hat uns in das Reich Gottes berufen. Wer will mit ihm gehen?

16. November 2014: 33. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Muss ich Angst haben? Vor Gott? Vor seinem Urteil? – Ist das die Botschaft dieser Gleichnisgeschichte?

Im Mt- Evangelium folgt auf diese Geschichte die Rede vom Weltgericht.
Danach fasst der Hohe Rat den Beschluss, Jesus zu töten – nicht zuletzt aufgrund einer Mahnrede gegen die Schirftgelehrten und Pharisäer, durch die Jesus die Führenden Juden erzürnt hatte.

Aber: Was kann und will dieses Gleichnis uns hier und jetzt sagen?

Der Anfang ist einfach: Ein offenbar sehr vermögender Mann vertraut sein Vermögen an, während er selbst auf Reisen geht.
Damit ist offensichtlich der Auftrag und die Vollmacht verbunden, das Vermögen zu verwalten.
Der Diener mit dem einen Talent – um ihn geht es in der Geschichte – hat Angst, er könnte es verlieren und legt es deshalb in den Tresor. Er verweigert sich dem Auftrag seines Herrn.
Dass der Herr ihn dafür tadelt, kann ich verstehen.

Er bestraft ihn aber sehr hart: Äußerste Finsternis, heulen und mit den Zähnen knirschen. –
Ist das nicht zu streng? Bewahrheitet sich so die angstvolle Einschätzung des Dieners?

Möchte Jesus uns Angst machen?

Doch genau die Angst lähmt ja den Menschen! Aus Angst vergrub der Diener das Talent – statt damit zu wirtschaften.
Das Gleichnis sagt eigentlich das Gegenteil: Nimm das Vertrauen an! Baue darauf und wirtschafte mit dem, was Dir anvertraut ist.

Dennoch bleibt dieser erschreckende Schluss: Heulen und Zähneknirschen in der äußersten Finsternis. Ein zu hartes Urteil?

Gut, nehmen wir uns die Freiheit und denken wir uns einen anderen Schluss für die Geschichte aus:
Wie würden wir die Geschichte enden lassen?

Vielleicht so?
„Zu dem dritten Knecht sagte der Mann:
Habe ich Dir so viel Angst gemacht? Das tut mir leid. Du musst keine Angst haben. Ich gebe Dir nochmal dein Talent – wirtschafte damit.
Selbst wenn Du es verlierst, musst Du keine Angst haben. Ich kann es verschmerzen.“

Oder so?
„Nun, ich sehe,“ sagte der Herr, „dass ich von Dir zu viel erwartet habe. Es tut mir leid, dass Du dadurch Angst bekommen hast. Gut, dass Du das Talent vergraben hast. So ist es wenigstens nicht verloren gegangen. Ich werde Dir eine andere Aufgabe zuweisen, die dir nicht Angst macht.“

Schwestern und Brüder, ohne Zweifel wäre der Herr dann freundlicher. Der Schluss wäre nicht so erschreckend. Doch zugleich wird spürbar, dass die eigentliche Pointe der Geschichte verschwindet. Es geht gar nicht um den Herrn und seine Reaktion auf den dritten Knecht.

Es geht um uns. Es geht um die Einsicht, dass wir die frohe Botschaft nicht begraben dürfen. Die Hoffnung Jesu soll in uns wirksam sein!
Seine Liebe soll uns anstiften zu Taten der Liebe! Sein Vertrauen zu uns soll uns Vertrauen geben in ihn und in seine Botschaft.

Wenn wir die frohe Botschaft vergraben,
wenn wir schweigen von der Hoffnung und von der Freude,
wenn wir anzweifeln, ob das Reich Gottes wirklich schon mit Jesus gekommen ist?
wenn wir aus Angst vor dem Belächelt werden unseren Glauben verstecken

– dann ist uns nicht zu helfen!
Dann haben wir die Freude der Botschaft Jesus, die Gnade der Erlösung, den Sieg der Liebe versteckt und verborgen.
Dann leben wir nicht in seinem Licht, sondern in der Finsternis.

Schwestern und Brüder!
Das ist der Zusammenhang, auf den das Evangelium hinweist.
Es geht nicht darum, ob der Mann in den Himmel oder in die Hölle kommt.
Es geht darum, dass wir Jünger Jesu die Welt beschenken mit der Liebe, der Hoffnung und der Freude, die Jesus uns geschenkt hat.

Die Alternative dazu ist Angst einflößend: Es regieren Selbstsucht und Lüge, Angst und Misstrauen, Krieg und Gewalt.

Liebe Mitchristen, das darf nicht geschehen.
Lasst uns die Liebe Gottes in die Welt tragen in Wort und Tat, damit der Friede zunimmt und die Freude.

12. Oktober 2014: 28. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
für mich ist der Schluss dieses Gleichnisses schockierend und rätselhaft: Alle möglichen Leute wurden von der Straße geholt, damit sich der Festsaal füllt – und dann wird einer hinausgeworfen, nur weil er kein Hochzeitsgewand anhatte. Wer hat schon ein Hochzeitsgewand im Beutel, wenn er von der Arbeit kommt – möchte ich fragen.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die anderen Gäste alle ein Hochzeitsgewand hatten.

So wie ich Jesus aber aus den Evangelien kenne, geht es ihm nicht um kleinliche Kleiderordnungen.
Was also will mir das Evangelium mit diesem Ende der Geschichte sagen?

Dazu frage ich mich:  Wodurch mag sich der eine, der hinausgeworfen wird, von den anderen unterscheiden – wenn es nicht um Textilien geht?

Die Antwort ist mir wichtig:
Denn, als getaufter Christ gehöre ich zu den vielen, die von der Straße geholt wurden – und ich möchte nicht wieder hinausgeworfen werden.

Dass es bei dem Hochzeitmahl um das Reich Gottes geht, um das ewige Leben bei Gott im Himmel, liegt auf der Hand.
Offenbar gibt es nicht nur die Möglichkeit, die Einladung gleich zu verweigern, sondern man kann auch – obwohl man schon im Saal ist – wieder hinausgeworfen werden.
Man kann das Leben wieder verlieren, das einem schon geschenkt war.

Was könnte daran schuld sein?

Jedenfalls nicht das Leben, das ich geführt habe, bevor mich die Einladung erreichte – das scheint egal zu sein. Gute und Böse füllen den Festsaal.

Vielleicht aber hängt es damit zusammen, ob ich mich angemessen verhalte:

Statt in Freude die Hochzeit mitzufeiern, verbreitet der Mann vielleicht Missstimmung: Stößt die Nachbarn an, versucht für sich die schöneren Stücke vom Teller zu fischen und auch etwas mehr als die anderen?

Schwestern und Brüder, etwas anderes kann ich mir eigentlich nicht vorstellen: Der Mann verhält sich nicht so, wie es der Hochzeitsfeier entspricht.

Das Evangelium mahnt mich:

Die Taufe, die Firmung, keine Kommunion würden nichts nützen, wenn ich nicht so lebe, wie es dem Reich Gottes entspricht.

Wenn ich an Gott glaube, der das vergängliche Leben mit Unvergänglichkeit bekleidet,
Wenn ich glaube, dass Gott der Gute ist,

dann muss auch ich gut sein und gut werden.

21. September 2014: 25. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder
Es ist ein geflügeltes Wort geworden, das Michail Gorbatschow vor 25 Jahren in den Mund gelegt wurde: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“

Ich möchte diesen Satz aber nicht als Motto wählen – auch wenn er zunächst eine ganz alltägliche Erfahrung beschreibt:

Wer die Entwicklungen verpasst, an dem zieht das Leben vorbei und er hat das Nachsehen und viele Nachteile:
Das System der DDR konnte sich nicht verändern und auf die Entwicklungen in seiner Gesellschaft reagieren – und es verschwand!

Aber dieser Satz ist zugleich gnadenlos:
Kein Busfahrer würde mehr an der Haltestelle ein paar Augenblicke warten, bis der heraneilende Passagier gerade noch hereinhüpfen kann.
Deswegen ist er meiner Meinung nicht geeignet als Norm für das Miteinander der Menschen.

Das heutige Evangelium beschreibt genau das Gegenteil:
Nicht nur in der Frühe, auch spät am Vormittag und sogar erst kurz vor Feierabend wurden die Arbeiter angeworben – und nicht bestraft dafür, sondern erhielten das, was sie zum Leben brauchten – und zwar noch vor den anderen, die den ganzen Tag die Gluthitze des Tages ertragen hatten.

Wir dürfen da schon Verständnis haben für deren Entrüstung, die wir in ähnlichen Situationen durchaus kennen:

Da zieht jemand neu in das Haus ein – und genießt von Anfang an die Sympathie aller im Haus und wird gefragt, wenn es etwas zu regeln gibt.

Da kommt jemand neu in die Firma und wird sofort denen gleich gestellt, die schon lange dabei sind.

Sollten nicht die, die neu dazu kommen, sich erst mal hinten anstellen und sich anpassen und einfügen, statt gleich in der ersten Reihe zu stehen?
Das weckt Neid und Eifersucht.

Liebe Schwestern und Brüder, ist es aber nicht auch so, dass jeder – auch und gerade der zuletzt dazu kommt – die Gemeinschaft bereichert?
Sollte nicht der Letzte genauso ernst genommen werden, wie der letzte?
Es wäre doch ungerecht zu sagen: Weil du neu bist, hast du hier nichts zu sagen. Wer könnte sich da willkommen fühlen?

Liebe Schwestern und Brüder, dieses Gleichnis über das Himmelreich lehrt mich zweierlei:

Zum einen, dass die Türe nie verschlossen wird: Jesus hat es vorgelebt:
Er hat die in sein Reich berufen, die als Zöllner und Sünder überall ausgeschlossen waren.

Es gibt bei Gott kein zu spät – vielmehr kann jeder seine Einladung zu jeder Zeit annehmen – solange er lebt.
Und deshalb sollten auch wir uns freuen über jeden, der mit uns leben will und zu uns gehören will:

Und zweitens:
In den Fragen, die demnächst von der Weltbischofssynode diskutiert werden heißt das für mich: Wir dürfen nicht sagen: dein Leben war verkehrt – jetzt ist die Tür geschlossen. Du hast keinen Platz am Tisch des Herrn.
Wir sollten vielmehr jeden, der zu uns kommt und mit uns leben will willkommen heißen und uns freuen, dass wir nun mit ihm das Brot teilen können.

Jesus hat die Menschen nicht festgelegt auf ihre Vergangenheit – er hat ihnen eine neue Zukunft eröffnet – und wir, seine Kirche, sollten das gleiche tun: wenn Menschen zu uns kommen, wenn sie auf der Suche nach Gott sind, dann sollen wir sie froh und dankbar aufnehmen – und sie nicht in die letzte Reihe schicken.

27. Juli 2014: 17. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Warum laufen Kinder um die Wette?
Warum entwickeln schon Kinder immer neue Wünsche:
Das will ich haben?
Warum haben Kinder schon den Ehrgeiz, sie möchten besser sein, im schöneren Haus wohnen, die schönere Kleidung haben?

Sie spiegeln darin oft das Denken der Erwachsenen wider.

Es ist eine urmenschliche Eigenart: Wir wollen es besser. Wir wollen mehr. Wir wollen es größer!

Und diese menschliche Eigenschaft ist sehr erfolgreich und sinnvoll:
Das ist der Antrieb des Fortschritts: Deshalb können heute so viele Krankheiten geheilt werden. Deshalb gibt es Fabriken.
Deshalb gibt es unsere Zivilisation:

Besser, größer, schneller, weiter, mehr!

Das treibt den Menschen an – auch jene beiden Männer, die Jesus in seinen kleinen Geschichten beschreibt:
Der Mann geht auf den Acker, um durch seine Arbeit Brot zu verdienen,
der Kaufmann sucht schöne Perlen, um damit zu handeln und zu verdienen.

Der Schatz und die Perle, die sie finden, setzen ihrem Streben ein Ende:
Das ist das Größte, beste, meiste, wertvollste – das ist nicht steigerbar!
Dieses eine zu besitzen genügt. Dann hört der Handel auf, der Landmann muss nicht mehr aufs Feld!

Der Schatz, die Perle ist genug. Mehr geht nicht!

Das, Schwestern und Brüder bedeutet es, das Himmelreich zu finden. Mehr gibt es nicht. Schöneres und Besseres – ist nicht vorstellbar!
Das möchte Jesus den Jüngern sagen.

Woher weiß er das?

Er weiß es, weil er selbst diesen Schatz, diese Perle gefunden hat. Er weiß es, weil er selbst so voller Freude darüber ist, dass er nichts anderen anstreben will: Ich habe es gefunden sagt Jesus – glaubt mir, das mach so glücklich, die Freude ist so unbändig groß und vergeht nie wieder.

Wer das Himmelreich gefunden hat, für den hat die manchmal quälende, ewige Mühe, das ewige „noch einmal“, die ständige Suche nach etwas Besseren ein Ende:
Jesus sagt: Wenn du das Reich Gottes gefunden hast, dann hast du das größte denkbare Glück gefunden.

Ich erinnere mich an die Einladung Jesu:
Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten auf euren Schultern tragt: Ich werde euch Ruhe verschaffen! Nehmt mein Joch auf euch, denn ich bin gütig und von Herzen demütig. So werdet ihr Ruhe finden für eure Seele:

Jesus befreit uns vom Leistungszwang, vom Konsumzwang und vom Druck des immer mehr, immer schnelle, immer größer, immer besser.

Er schenkt uns das Himmelreich, also jene Erfahrung, die uns Frieden schenkt:

Jeder Mensch ist von Gott um seiner selbst willen geliebt.
Jeder Mensch ist Gott unendlich wertvoll.

Diese Erfahrung ist besser als alles, was wir sonst in der Welt leisten und schaffen können: Es ist gut, dass es mich gibt.
Ich darf sein – so wie ich bin – weil Gott mich so liebt.

Das ist das Himmelreich.

 

13. Juli 2014: 15. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

 

 

Liebe Schwestern und Brüder,
wie gehen Sie mit Ihrem Geld um?
Kaufen Sie überflüssige Sachen, die später nur im Schrank stehen oder hängen?
Kaufen Sie Sachen, die es woanders viel billiger in gleicher Qualität gibt?

Verschwenden Sie Geld?

Die Maßstäbe sind dabei sehr verschieden: was der eine als Verschwendung empfindet, ist für den anderen eben eine Annehmlichkeit, ein kleines bisschen Luxus.

Aber Geld ausgeben und einsetzen ohne dass irgendetwas dabei herauskommt, das empfinden die meisten als ärgerlich –
wenn staatliche Stellen zu teure und überflüssige Anschaffungen oder Baumaßnahmen tätigen – dann ist das Verschwendung von Steuergeld.

Schildert Jesus in dem Gleichnis einen Sämann, der unfähig ist,  weil er seinen Samen dahin sät, wo es nichts zu ernten gibt?

Mitnichten – Jesus beschreibt, was jeden Tag geschieht:
Auch heute fallen Samenkörner vom Anhänger auf Wege und Straßen.
Jeder Koch weiß, dass ab und an ein Ei zu Boden fällt.
Jede Ingenieurin weiß, dass manches Produkt fehlerhaft die Fabrik verlässt,
jeder Lehrer weiß, dass seine Bemühungen nicht bei allen Schülern fruchten.

Aber was kommt häufiger vor?

Der Misserfolg, das Scheitern der Bemühungen, der Fehleinkauf –
oder der Erfolg, das Gelingen, der erhoffte Nutzen.

Schwestern und Brüder,
vor diesem Gleichnis Jesu erzählt das Evangelium von einer schwierigen Periode in seinem Leben: Die Pharisäer stellen sich gegen ihn;
wegen einer Heilung am Sabbat beschließen sie ihn, umzubringen.
Sie bezichtigen ihn nach der Heilung eines blinden und stummen Mannes, er stünde mit dem Satan im Bund.

Ich kann mir die Stimmung unter den Jüngern vorstellen:
Jesus, wie geht es weiter! Das hat doch keinen Erfolg.
Siehst du nicht, dass sie Dir übel wollen.
Glaubst Du wirklich, dass das Reich Gottes kommt?
Glaubst Du wirklich, du kannst das Reich Gottes zu den Menschen bringen?

Dieser Zaghaftigkeit setzt Jesus die alltägliche Erfahrung entgegen:
Jeder vernünftige Mensch wird sein Werk, sein Bemühen auch nach einem Misserfolg weiterführen.

Es wäre völlig unangemessen, nicht mehr zu arbeiten, weil man einen Fehler gemacht hat, oder weil etwas nicht angenommen wurde.

Liebe Schwestern und Brüder,
der Sämann wird reiche Frucht ernten können, trotz der Körner, die neben den fruchtbaren Boden fielen.
Die Lehrer werden den Erfolg ihrer Bemühungen sehen können.
Und die Familie wird essen können, was in der Küche zubereitet wurde.

Und so ist es auch mit dem Reich Gottes,
wenn wir Versöhnung bringen,
wenn wir kranke heilen,
wenn wir der Macht der Liebe trauen,
wenn wir Gottes Güte in die Welt bringen,
werden wir die Früchte ernten können.

Darauf dürfen wir vertrauen.

Jesus macht uns Mut,
dass wir den guten Kräften trauen und uns einsetzen für Freiheit und Frieden, für Gerechtigkeit und Wahrheit
und dass wir vor allem barmherzige und tätige Liebe üben. 

21. Juni 2014: 12. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
sind ihnen die Gegensatzpaare in diesem Abschnitt des Mt. Ev. aufgefal­len?

Verhüllt – enthüllt; dunkel – hell; flüstern – verkünden; Leib töten – Seele verderben; bekennen – verleugnen

Nach den 40 Tagen der Fastenzeit, nach den 7 Wochen der Osterzeit und den darauffolgenden Festtagen setzt das Kirchenjahr nun die Reihe der Sonntag im Jahreskreis fort.

Von diesem Sonntag an bis zum Advent hören wir der Reihe nach Abschnitte des Matthäusevangeliums –mit einigen Auslassungen und zufälligen Unterbrechungen: zum Beispiel, wenn am nächsten Sonntag das Patrozinium trifft.

Der Abschnitt, den wir gerade gehört haben, gehört zu einer Rede Jesu, in der er die 12 Apostel aussendet. Sie sollen verkünden: „Das Himmelreich ist nahe!“

Dabei gibt ihnen Jesus bestimmte Regeln mit auf den Weg:
„Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus!“ Sie sollen kein Geld mitnehmen und keine Vorratstasche – nicht einmal Reservekleidung, keine Schuhe und keinen Wanderstab.

In unserem heutigen Abschnitt geht es darum, dass die Jünger ihre Botschaft von den Dächern verkünden sollen – also so, dass sie von jedem gehört werden. Und sie sollen ohne Angst verkünden – sie sollen nicht einmal Angst vor dem Tod haben!

Liebe Schwestern und Brüder, es geht ums Ganze:
Es geht um Himmel und Hölle, um Leben und Tod.

Schlimmer ist es, wenn die Seele stirbt, als wenn der Leib stirbt – weil es eine Zukunft gibt, die Gott schenkt!
Eine Zukunft bei Gott, in der wir Gott sehen werden, wie er ist – in der wir also keinen Leib mehr brauchen, sondern wie Gott leben und sein werden.

Die Botschaft Jesu ist eindeutig: Wer zu ihm hält, wer ihm treu bleibt,
der darf gewiss sein: Gott wird ihm Platz geben in den himmlischen Wohnungen.

Diese Münze der Hoffnung hat auch eine zweite Seite:
Unser Leben steht unter dem Anspruch der Wahrheit und des Guten.

Es geht nicht nur um das Wohl und Wehe in dieser Welt:
es geht nicht nur um Gesundheit und Krankheit, um Armut und Wohlstand.

Wichtiger als das Wohl des Leibes ist das Wohl der Seele:

Wichtiger ist, dass ich das tue, was ich als gut erkenne,
als dass es mir gut geht nach weltlichen Gesichtspunkten.

Deshalb werden Menschen die an Gott glauben, lieber auch ein ungeplantes Kind annehmen – und ihre Lebensplanung ändern.

Deshalb werden Menschen, die an Gott glauben, lieber ihrem Gewissen folgen, als sich dem Druck einer Autorität zu beugen.

Denn wir wissen:
Entscheidender ist, dass unsere Seele lebendig bleibt.
Entscheidender ist, dass wir tun, was in Gottes Augen gut ist.

Es gibt eine Wahrheit, die am Ende offenbaren werden wird. Nichts wird verhüllt bleiben, alles wird ans Licht kommen,
dann soll sich zeigen, dass wir für Frieden und Wahrheit, für Gerechtigkeit und Freiheit und vor allem für die Liebe zu Gott und zum Menschen gelebt haben.

2. März 2014: 8. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Haben sie Sorgen?

Thomas Morus, der englische Reichskanzler und Märtyrer betete:
„Lass nicht zu, Herr, dass ich mir allzu viele Sorgen mache um dieses sich breit machende etwas, das sich ich nennt.“

Ist das denn möglich, sich keine Sorgen um sich selbst zu machen? – so wie Jesus es sagt: „Sorgt euch nicht um Essen und Trinken und um eure Kleidung!“

Wollte jemand behaupten, Jesus von Nazareth würde zur verantwortungs-losen Untätigkeit anstiften? – Der würde Jesus ganz sicher und ich möchte sagen – absichtlich – falsch verstehen. Wer ein Jünger Jesu ist, wird selbstverständlich arbeiten, sein Brot verdienen, der wird selbstverständlich auf seine Gesundheit achten und die Hilfe eines Arztes in Anspruch nehmen!

Wer das Wort Jesu richtig verstehen will, muss darauf achten, in welchem Zusammenhang es steht:
Unmittelbar vorher sagt Jesus: „Sammelt euch nicht hier auf der Erde Schätze – denn diese Schätze sind vergänglich.
Sammelt euch viel mehr Schätze im Himmel – Schätze, die nicht verderben, die niemand stehlen kann! Schätze, die euch zu freien und guten Menschen machen.“

Sorgt euch nicht um euch selbst, heißt also in diesem Zusammenhang:
sorgt euch nicht darum, wie ihr Geld und Vermögen ansparen könnt. Bildet euch nicht ein, ihr könntet euer Leben selbst absichern.

Wenn ihr tut, was recht ist, werdet ihr erleben und erfahren, dass Gott für euch sorgt und dass es immer wieder gut wird – weil euer Leben in Gottes Hand geborgen ist.

Der Sorge um sich selbst, dem Haschen nach Reichtum, Macht und Glanz stellt Jesus eine andere Sorge gegenüber:
Sorgt euch zuerst um das Himmelreich und seine Gerechtigkeit!

Die erste Sorge, die wir haben, soll nicht sein:
Wie werde ich reicher?
Wie vermehre ich mein Ansehen?
Wie mache ich es mir möglichst bequem?

Die erste Sorge soll sein?
Wie kann ich Armen helfen?
Was kann ich tun für Gerechtigkeit?
Wie kann ich dazu beitragen, dass Wunden heilen?

Dabei geht es nie um alle Armen, nicht um die totale Gerechtigkeit, nicht um alle Krankheiten und seelischen Verwundungen.
es geht um die Gerechtigkeit unter den Menschen, die ich kenne –
es geht um die Armen, die mir begegnen – ob nun persönlich oder durch die Vermittlung einer Hilfsaktion;
es geht um die Verwundungen der Menschen, die ich kenne!

Vorsorge, Gesundheitsfürsorge, Altersvorsorge – das alles gehört mit dazu, um Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.

Wichtiger als all dies ist aber das Leben aus dem Vertrauen:
Ich muss nicht ängstlich sorgen und mich gegen alles vorsehen und absichern. Ich muss keine Angst haben vor dem, was das Leben mit sich bringt.

Da mein Leben Gottes Geschenk ist und bleibt, darf ich mich ihm anvertrauen. Je mehr ich mich und das, was ich tue, ihm anvertraue, desto mehr darf ich feststellen, dass er für mich sorgt, dass ich finde und empfange, was mir zum Leben dient.

Gänseblümchen

Mit dem Glauben an Christus und mit der Gemeinschaft des Glaubens ist es wie mit einem Gänseblümchen.

Mögen auch viele darauf trampeln und es in die Erde drücken.
Meist richtet es sich wieder auf, blüht weiter und der Wind verteilt seine Samen, so dass es nächstes Jahr wieder (noch mehr) Gänseblümchen gibt.