Hier geht es zu den liturgischen Texten: 
Liebe Schwestern und Brüder,
euch Kirchgängern sage ich:
Wenn dir einer die Vorfahrt nimmt, reg dich nicht auf und schimpf nicht über ihn.
Wenn dir jemand dein Fahrrad klaut, verlang es nicht zurück.
Wenn jemand Gerüchte über dich verbreitet, lobe ihn vor den Leuten.
Wenn dich jemand zur Seite drückt, hilf ihm, dass er besser vorwärts kommt.
Wenn dir jemand Schaden zufügt, versuche ihm zu nützen, wie du kannst.
Kann man sich so etwas sagen lassen?
Es ist nur verständlich, wenn man da einen dicken Hals bekommt –
Wenn ich solche Regeln aufregen, merke ich jedenfalls, dass ich anderer Meinung bin:
Wer mir schadet, der muss mit meinem Widerstand rechnen.
Ich werde mich jedenfalls wehren.
So weit so gut und so normal.
Andererseits jammern wir über die Zustände in dieser Welt:
Egoismus, Verrohung der Sprache, zunehmende Gewaltbereitschaft,
das finden wir gar nicht gut.
Wir wünschen und Frieden und Gerechtigkeit, Sicherheit und Rücksichtnahme.
Jesus stellt unser Freund – Feind Schema in einen ganz anderen Horizont:
Wenn ihr Söhne und Töchter des himmlischen Vaters sein wollt,
wenn ihr hofft, dass der Vater euch eure großen und kleinen Gemeinheiten und Unwahrheiten vergibt, und euch die Herrlichkeit des Himmels schenkt –
dann benehmt euch wie Kinder eures Vaters und vergebt denen, die an euch schuldig geworden sind und teilt mit denen, die euch nichts geben können.
Wenn ihr erwartet, dass Gott bei euch Nachsicht zeigt, dann seid selbst nachsichtig.
Unsere Reflexe der Revanche, der Vergeltung, der Verurteilung
stellt Jesus in einen größeren Horizont:
Er stellt uns vor Augen, dass wir selbst Menschen sind, die Nachsicht und Vergebung und Großzügigkeit brauchen und erhoffen.
Er stellt uns vor Augen, dass wir vor Gott ebenso Sünder sind wie die,
die uns Unrecht tun – und zwar wirklich Unrecht tun.
Nun sieht das schon ein wenig anders aus:
Denk daran, wie oft du dich schon falsch verhalten hast im Verkehr.
Denk daran, wie oft Du Dich vorgedrängt hast.
Denk daran, wer durch dich Schaden erlitten hat.
Denk daran, zu wem du ungerecht warst.
Nun überlege, wie du mit denen Umgehst, die unfreundlich zu dir sind.
Nun überlege dir, ob du das Recht hast, jemand zu verurteilen –
oder ob du dir zugleich selbst das Urteil sprichst.
Willst du Frieden? Dann stell den Frieden her, indem du vergibst.
Wollte ich sie mit meinen Gedanken zur Feindesliebe aufs Glatteis führen.
Beileibe nicht. Was Jesus uns da ans Herz legt, ist eine harte Nuss.
Es läuft unseren Instinkten und Reflexen zuwider. Auch den Meinen.
Aber es gilt auch hier: Es ist besser anzufangen. Auch wenn man es nicht immer schafft. Manchmal ist es gar nicht schwer. Wer leichte Übungen schafft, kann zu schwierigeren übergehn. Es ist der Weg dazu, ein friedfertiger Mensch zu werden, nach dem Vorbild Jesu. Ist das so schlecht?