Liebe Schwestern und Brüder Jesu, ich möchte sie heute mitnehmen zu einigen Gedanken über die Frage des Pilatus: „Was ist Wahrheit?“
Jesus hatte vorher zu Pilatus gesagt: „Ich bin ein König. Und ich bin in die Welt gekommen, damit ich für die Wahrheit Zeugnis ablege.“
Welche Wahrheit?
Es gibt die einfache Unterscheidung: Jemand sagt die Wahrheit oder die Unwahrheit. Wenn er zum Beispiel erklärt, warum er etwas nicht getan hat, was er eigentlich hätte tun sollen.
Zu dieser einfachen Unterscheidung war Pilatus wahrscheinlich auch fähig.
Es gibt aber auch die Suche nach der Wahrheit, wenn jemand herausfinden will, wie es wirklich ist: Viele Naturwissenschaftler widmen sich dieser Suche: So wurde entdeckt, dass die Erde rund ist, dass sie um die Sonne kreist und dass Blitz nicht vom Himmel geschleudert werden, sondern durch die Entladung elektrischer Spannung entstehen.
Es lohnt sich, einer Sache auf den Grund zu gehen und herauszufinden, wie es wirklich ist. – Mit solchen Fragen hat sich Jesus aber nicht befasst.
Für welche Wahrheit hat also Jesus Zeugnis abgelegt – bis hin zur Anklage beim Hohen Rat und beim römischen Statthalter Pilatus.
Was ist die Wahrheit, von der Jesus spricht?
Wenn jemand behauptet, die „Wahrheit“ zu kennen, werden wir heute misstrauisch: Unsere Welt ist so kompliziert, die Probleme sind so verwickelt, dass niemand sagen: „Ich weiß die Lösung“
Ist Jesus womöglich ein solcher Radikaler, einer, der seine angebliche Wahrheit allen überstülpt und alle zu Feinden erklärt, die seine Wahrheit nicht teilen?
Das aber nun auch wieder nicht: er hat zwar diskutiert und musste sich gegen den Vorwurf wehren, der Teufel rede aus ihm. Aber er selbst hat offenbar niemandem Böses gewunschen oder getan. Das lag ihm am allermeisten fern.
Aber die Wahrheit, die für die er Zeugnis ablegte – bis hin zu Pilatus, der über sein Leben zu entscheiden hatte – war ihm so wichtig, dass er dafür den Tod auf sich nahm.
Für welche Wahrheit hat Jesus gelebt und ist er gestorben?
Haben sie eine Idee? Was ist die Wahrheit Jesu?
Im Gespräch mit Nikodemus, der dabei war, als Jesus ins Grab gelegt wurde, hat Jesus seine Wahrheit gesagt. Es gibt noch mehrere Sätze, besonders im Johannesevangelium, die diese Wahrheit ähnlich formulieren:
Zu Nikodemus sagte er: „Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes geglaubt hat.“
Zu Marta sagte er nach dem Tod des Lazarus: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“
Das also ist die Wahrheit, für die Jesus in den Tod gegangen ist. Es blieb ihm gegenüber uns Menschen, unserer Eifersucht, unserem Leid, unserer Angst und Feigheit, unserem Machthunger nichts anderes übrig, als sich für seine Wahrheit kreuzigen zu lassen, damit diese Wahrheit wirklich gilt und glaub-würdig bleibt für uns.
Jesu Tod war deshalb wirklich ein Tod für uns. Er hat für uns Zeugnis abgelegt, dass jeder, der an ihn glaubt und in ihm die Stimme und die Wahrheit Gottes erkennt, das ewige Leben hat.
Liebe Schwestern und Brüder, wir können nichts besseres tun, als an Jesus zu glauben und an die Wahrheit, für die er mit seinem Leben und Sterben Zeugnis gegeben hat.
Begrüßung: Ein besonderer Abend, der einen besonderen Schwerpunkt hat: Versöhnung. Es kann ein Schritt sein, dass wir versöhnt werden, mit unserem Leben. Wir versuchen, uns der Versöhnung zu öffnen. Wir hoffen, dass der Friede in uns mehr wird.
Dafür haben wir uns zusammengefunden: in einem Haus, das viel Platz hat und nicht so schnell voll sein wird
Versöhnung und Friede: das sind kostbare Gaben, die Christus uns anbietet und schenken möchte. Ihn grüßen wir:
Kyrie GL 155
Jesus, vom Geist des Vaters erfüllt
Jesus, du rufst uns, dir zu folgen.
Jesus, du zeigst uns den Weg zu Versöhnung und Frieden.
Einführung Mit dem Wort Buße verbinden wir eher negative Gedanken: z.B. das Bußgeld, wenn jemand Verkehrsregeln übertritt. Ungesunde Lebensweise muss man später büßen. Und es kann schon vorkommen, dass man im Zorn sagt: „Das wirst du mir büßen!“
Christliche Buße ist etwas anderes: Gott nimmt uns immer an und lädt uns ein, nach seiner Weisung zu leben – nicht mehr und nicht weniger. Das Bemühen, auf Gott zu hören – das nennen wir Buße.
Es geht um Versöhnung: Versöhnung heißt: das Trennende wird aus dem Weg geräumt und die Zukunft ist wieder geprägt von Vertrauen und Zutrauen, von Nähe und Gemeinschaft.
Gebet Herr Jesus Christus, du bist gekommen, damit wir das Leben haben und damit deine Freude in uns ist. Du hast uns deinen Frieden gegeben. Hilf uns, dass wir Frieden schließen können, mit uns und unserem Lebensweg: mit dem Glück und Unglück, mit dem Schlechten und dem Guten. Stärke unser Vertrauen und unseren Willen, dir zu folgen. Amen.
Lied Meine engen Grenzen GL 437 oder Herr gib uns Mut GL 448, 1+3
Diese unsere Erde ist ein wunderbarer Ort im Weltall; Sie trägt uns, sie hält uns, sie gibt uns Luft zum Atmen und Wasser zum Leben und Nahrung für unseren Leib. Sie ist voller Schönheit vom Regenbogen bis zum bizarren Steingipfel.
Zugleich erleben wir sie als unwirtlich und voll von Gefahren: Deshalb bauen wir Häuser: Sie geben uns Schutz vor Wind und Wetter, es ist ein Platz, der uns gehört, an dem wir uns zurückziehen können. Wir können unser Haus, unsere Wohnung mit anderen teilen. Wir können die Tür öffnen oder schließen.
Der Psalm 31 spricht von diesem Bedürfnis nach Schutz und Geborgenheit mit diesen Worten:
2 HERR, bei dir suche ich Zuflucht; lass mich nie enttäuscht werden! Rette mich, wie du es versprochen hast!
3 Hör mich doch, hilf mir schnell! Sei mir ein festes Haus, dann bin ich in Sicherheit.
4 Du gibst mir Halt, du bietest mir Schutz.
6 Ich gebe mich ganz in deine Hand, du wirst mich retten, HERR, du treuer Gott!
20 Wie groß ist deine Güte, HERR! Du wendest sie denen zu, die dir gehorchen. Sie sind geborgen und sicher unter deinem Dach.
Überleitung zum Evangelium Der Beter wünscht sich, dass Gott selbst ihm zum festen Haus wird. Gott bewahrt uns vor dem Bösen – er bewahrt uns davor, dem Bösen in uns Raum zu geben und uns ihm anzugleichen. Auch Jesus spricht einmal vom Haus, vom Lebenshaus, das wir bauen:
Aus dem Mt. Evangelium Jesus hatte lange zu den Jüngern gesprochen: vom Vertrauen, von der Bereitschaft zur Vergebung und vielem anderen. Zum Schluss dieser Rede sagte er zu den Jüngern:
Jeder, der meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute.ab
Als ein Wolkenbruch kam und die Wassermassen heranfluteten, als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten, da stürzte es nicht ein; denn es war auf Fels gebaut.
Das Haus braucht ein Fundament, feste Mauern, ein dichtes Dach, Türen zum öffnen und Fenster, die Licht und Luft herein lassen.
Das Haus ist ein Bild, um unser Leben in den Blick zu nehmen, um uns zu orientieren, um dankbar zu sein für die Geborgenheit und den Schutz, und für die schönen Stunden in dem Haus. um Frieden zu schließen mit mancher Unzulänglichkeit, und vielleicht auch, um etwas zu verändern.
In den nächsten Minuten stellen wir viele Fragen, manche Fragen dienen der Vergewisserung? Manche wecken vielleicht Dankbarkeit. Manche führen vielleicht zur Selbstkritik und zum Versuch der Veränderung.
1. Das Fundament Worauf baue ich? Auf wen kann ich mich verlassen? In wem habe ich mich getäuscht? Habe ich jemand enttäuscht?
1 Minute Stille
2. Innen im Haus Was gefällt mir in meinem Leben? Was und wer gibt mir Geborgenheit? Bei was finde ich Ruhe und kann Kraft tanken? Habe ich Beziehungen, Freundschaften vernachlässigt oder geschadet? Wie ist meine Beziehung zu Gott?
1 Minute Stille
3. Ein- und ausgehen Mit wem habe ich Kontakt? Mit wem ist mir die Begegnung besonders lieb? Wen meide ich lieber? Was ist mir unangenehm? Hätte ich gerne mehr oder lieber weniger Kontakte? Ist es gut so wie es ist?
1 Minute Stille
4. Ausblick Wonach sehne ich mich? Was weckt meine Neugierde? Was kann mich locken, so dass ich hinausgehe? Denke ich daran, dass ich einmal jenseits des Horizontes sein werde? Richte ich mein Leben darauf aus?
Wir haben nun 5 Minuten Zeit geben, darüber nachzudenken. Danach laden wir sie ein, – wenn sie möchten ‑ nach vorne zu kommen, zu einem persönlichen Segenszuspruch, dass sie für ihr Leben bestärkt werden: das Gute weiterhin zu üben und das, was sie anders besser fänden, anders zu tun und mit dem, was sie nicht ändern können, Frieden zu schließen.
Der barmherzige Gott nimmt dich an, wie du bist. Er vergibt dir dein Versagen und schenke dir Geborgenheit und die Kraft seiner Liebe.
Martin: Das Vater Unser, das Jesus uns gelehrt hat, ist das Gebet des Vertrauens und der Hoffnung und der Nachfolge:
Wir beten, dass Gottes Reich kommt: Dass niemand hungert, dass niemand ohne Vergebung bleibt und dass niemand mehr durch das Böse versucht wird.
Dieses Gebet begleitet uns und gibt uns den Bauplan für unser Leben.
Schlussgebet Guter Gott, du bist der Grund auf dem wir stehen. Dein Ja zu uns Menschen ist verlässlich und niemals wirst du es zurücknehmen. Du gibst uns Kraft zum Leben, zum Lieben; Bei dir sind wir in Sicherheit vor dem Bösen, dass es sich nicht in unser Herz schleicht. Du gibst uns die Freiheit, zu kommen und zu gehen und hältst die Türe immer offen für uns. Du bist auch das Ziel unseres Lebens und wirst uns einst mit Licht und Freude belohnen. Wir preisen dich und danken dir heute und in Ewigkeit.
Segen Der Herr segne dich und behüte dich, er bewahre dich davor, Böses zu wünschen, zu wollen oder zu tun
Der Herr lasse sein Angesicht über dir leuchten, damit du die Welt und das Leben in seinem Licht siehst: das Leben und seine Schönheit, das Gute, das Menschen einander tun und die Gelegenheiten, Gottes Güte Hand und Fuß zu geben.
Der wende dir sein Angesicht zu und schenke dir Frieden: Denn vor Gottes Angesicht herrscht Frieden; lebendiger Friede, gewirkt durch Tatkraft und Mut, gebildet durch Geduld und Ausdauer, Frucht der Gerechtigkeit und der Liebe.
Martin Es segne dich + Gott der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder, wie soll ich das auslegen, was ich gerade vorgelesen habe? Teilweise fällt es mir wirklich schwer:
Den ersten Teil kann ich noch leichter verstehen: da geht es um das Verhalten gegenüber einem Mitchristen geht, der mir selbst gegenüber ungerecht war (Vorwürfe? Gerüchte?). Das gipfelt in dem Satz: Wenn du ihm vergibst, gilt das auch im Himmel: du wirst ohne Zorn und Wut in den Himmel kommen und der Mitchrist ohne Verurteilung und Vorwürfe.
Der zweite Teil klingt sehr freundlich. Es ist ein riesiges Versprechen: „Was immer zwei einmütig erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten.“ Aber gerade deshalb ist es schwierig:
Entweder sehr viele unserer Gebete sind nicht einmütig, oder das Versprechen stimmt nicht: denn wie oft haben wir schon um Frieden gebetet: in der Familie; wie oft haben wir um Gesundheit gebetet, um Gerechtigkeit für die Armen usw.
Verzeihen Sie bitte, wenn es jetzt ein wenig kompliziert wird. Ich versuche, diesen Abschnitt in den Zusammenhang des ganzen Evangeliums zu stellen:
Unmittelbar vorher erzählt Jesus von dem Hirten, der ein einziges Schaf sucht, dafür die anderen 99 zurücklässt und sich über das eine Schaf, wenn er es wieder findet mehr freut, als über die 99.
Jesus geht es darum, dass niemand verloren geht! Die Regeln für den Streit unter Mitchristen haben also den Sinn, dass niemand verloren geht! So ist auch das Wort vom binden und lösen zu verstehen: Streit und Vorwürfe lösen, damit wir nicht gebunden, sondern gelöst – also frei – in den Himmel kommen.
Daran schließt sich das Versprechen der Gebetserhörung an begründet durch das zweite Versprechen: „Wenn zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“. – „Im Namen Jesu“ ist damit etwas über den Inhalt der Bitten angedeutet?
Im Mt. Evangelium ist früher schon vom Bitten die Rede gewesen – und zwar in der Bergpredigt im 5. und 6. Kapitel: Jesus preist – auf unsere Frage bezogen – die Barmherzigen und die Friedenssstifter selig!
Einige Absätze später mahnt er dann: Sorgt euch nicht um Essen und Trinken und Kleidung – Sorgt euch zuerst um das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit! In unseren einigen Bitte soll es also nicht um unsere unmittelbaren Lebensbedürfnisse gehen. Aber was dürfen wir einig erbitten und werden es auch erhalten? Mit welchen bitten sorgen wir uns um das Reich Gottes?
Leicht ist es zu sagen: Wir erbitten das ewige Leben – nicht nur füreinander, sondern sogar auch für die, die ungerecht zu uns sind oder waren:
An die Erfüllung dieser Bitte glaube ich – aber niemand kann es in dieser Welt „überprüfen“.
Wir können um „Versöhnung“ beten: aber wohl nur um unsere eigene: wenn also zwei Streitpartner miteinander einig sind und um Versöhnung beten – dann ist die Bitte schon in diesem Augenblick gewährt!
Was ist mit all den anderen Bitten für die Armen, für die Kranken, für die Sterbenden, für die Kirche für die Glaubenden und ihre Bischöfe?
Um all das dürfen wir beten – ganz sicher. Wir dürfen als Kinder Gottes unserem Vater alles sagen und bitten und uns dabei ihm anvertrauen. Aber sind diese Bitten mit dem Versprechen gemeint?
Trotz der vielen Votivbilder, die von Gebetserhörungen Zeugnis geben, würde ich sagen: Diese Art von Bitten sind mit diesem Versprechen wohl doch nicht gemeint:
Was ist nun die Quintessenz?
Ich gebe zu, so richtig zufrieden bin ich mit diesen Gedanken auch nicht. Ich habe versucht, mich heranzutasten und diese wunderschönen Sätze im Mt. Ev. zu verstehen.
Vielleicht sind Sie schon weiter! Dann lasse mir gerne von ihnen weiterhelfen!
Liebe Schwestern und Brüder, Wir beschließen das Jahr 2022!
In diesem Jahr ist viel passiert: Kinder wurden geboren, Menschen haben geheiratet, viele haben erfreuliches erlebt und Erfolge errungen, es gab viel Hilfe für andere Menschen, neue Anfänge wurden gemacht.
Aber es wurden auch Menschen zu Schaden gebracht bei Verkehrsunfällen und Verbrechen, Freunde und Ehepaare haben sich zerstritten, Junge und Alte sind schwer krank geworden oder gar verstorben … Jeder mag sich fragen: was ist bei mir passiert?
Auch in der weltweiten Menschheitsfamilie und in unserer Kirche ist viel passiert. Im Gedächtnis stehen die schlimmen, skandalösen, fürchterlichen Ereignisse im Vordergrund: Naturkatastrophen wie auf den Philippinen, Krieg, Inflation, Seuche, Gutachten über sexuellen Missbrauch in mehreren Diözesen, die Kirchenaustritte und der Kampf für oder gegen Reformen in der Kirche.
Das sind nur wenige Schlaglichter. Dieses Jahr 2022 beschließen wir.
Was heißt das eigentlich, ein Jahr beschließen? Eigentlich passiert es ja einfach: Eine Sekunde folgt der anderen bis die Uhr auf 12 umschlägt – dann ist es vorbei das Kalenderjahr 2022.
Und außerdem: Der 1. Januar und die darauf folgenden Tage und Wochen setzen das fort, was in den Monaten vorher geschehen ist. Der Anfang eines neuen Kalenderjahres unterbricht nicht die Zusammenhänge und Wirkungen der Ereignisse und menschlichen Handlungen.
Wir Menschen geben solchen Jahrestagen eine besondere Bedeutung: Für uns ist es wichtig, dass uns bewusst wird: Vergangen ist vergangen. Nichts können wir ungeschehen machen. Versäumtes bleibt versäumt.
Das ist jeden Tag im Jahr so – an Silvester machen wir es uns bewusst und ebenso, dass jeder Tag ein Geschenk ist, mit so vielen Gelegenheiten, das Leben und das Miteinander zu gestalten.
Wie können wir also das vergangene Jahr, wie jeden Tag beschließen?
Das erste ist der Dank – trotz allem, was wir bedauern, bejammern und betrauern. Dank für das Leben. Dank für die Menschen, die mit uns leben. Dank für die Schöpfung, die uns trägt und nährt. Dank an den, der uns und allen Lebewesen den Lebensatem einhaucht. Dank für die schöne Musik, das schöne Bild, den guten Geschmack und für vieles, das nur jeder für sich selber weiß.
Das zweite ist das Annehmen: Was immer auch mit uns geschah, es ist unser Leben. Wenn es uns gar zu schwerfällt, können wir vielleicht wenigstens darum beten, dass wir es annehmen können: auch wenn es schlimm oder traurig ist. Wenn wir annehmen können, können wir auch verwandeln und verarbeiten und verändern.
Das dritte ist loslassen: Wir haben dies und das erlebt und vollbracht – Gutes und weniger Gutes und vielleicht auch Schlechtes. Was gestern war ist vergangen. Es soll uns nicht daran hindern, weiter zu gehen und uns dem neuen Jahr und jedem neuen Tag zuzuwenden. Die Erinnerung wird uns ermutigen oder mahnen, in der Gegenwart gut und im Geist Gottes zu handeln.
Aus den Gedanken über das Beschließen des vergangenen Jahres wird ein Gebet:
Danke Gott und den Menschen für alles Gute, das ich in diesem Jahr erleben durfte,
Gib mir Mut und Vertrauen, anzunehmen und zu tragen, was mir Gutes und Schlechtes widerfahren ist. Hilf mir, es zu verwandeln, dass daraus Gutes wächst und entsteht.
Und, himmlischer Vater, verzeih mir, meine Lieblosigkeiten, meine Unzulänglichkeiten, meine Gleichgültigkeit, Schau auf meine guten Taten, auf die Liebe, die ich geschenkt habe und hilf mir, im neuen Jahr das Leben mit Liebe zu füllen.
Liebe Schwestern und Brüder, wenn es uns gelingt, das alte Jahr gut zu beschließen, breitet sich Frieden in uns aus. Ein versöhnter Friede, der uns das neue Jahr zu beginnen: zuversichtlich, dass wir wieder jeden Tag das Licht Gottes in dieser Welt zum Leuchten bringen können.
Fürbitten
Lektor/in: Himmlischer Vater, am letzten Abend in diesem Jahr beten wir voll Vertrauen zu dir:
Für die Kinder und Erwachsenen, die in diesem Jahr getauft wurden: Dass deine Geistkraft in ihnen wirkt. Gott, du Quelle des Geistes.
Für alle, die das Sakrament der Eucharistie feiern: dass sie Freude daran haben, in der Gemeinschaft der Glaubenden dir zu danken. Gott, du Quelle der Freude.
Für alle Gefirmten: dass sie das Leben anderer Menschen hell machen. Gott du Quelle des Lichts.
Für alle Eheleute: dass sie in der gegenseitigen Liebe deine Liebe erfahren. Gott, du Quelle der Liebe.
Für alle, die mit dem Öl für die Kranken gesalbt wurden: dass sie von Angst verschont bleiben, dass sie auf Heilung hoffen und sich dir anvertrauen. Gott, du Quelle der Hoffnung
Für alle, die als Diakone, Priester und Bischöfe und in den kirchlichen Berufen in den Dienst des Volkes Gottes gestellt sind: dass sie die frohe Botschaft voll Freude verkünden und die Sakramente mit den Glaubenden voll innerer Hingabe feiern. Gott, du Quelle des Lebens.
Für alle Verstorbenen, besonders für den verstorbenen Papst Benedikt: dass sie im Licht Gottes vollkommene Freude finden.
Priester: Du, gütiger Vater, bist immer bei uns, alles Tage unseres Lebens, wir dich einst schauen in deiner Herrlichkeit. Amen.
Ansprache: Ich selbst mag das Gleichnis vom barmherzigen Vater und seinen beiden verlorenen Söhnen sehr gern und halte es für eines der wichtigsten Lehrstücke Jesu. Ich weiß aber, dass es auch kritische Fragen gibt:
Ist der barmherzig genannte Vater wirklich so ideal?
Das ist die Frage des älteren Sohnes in der Geschichte: Er fühlt sich ungerecht behandelt und macht dem Vater den Vorwurf: „Mir hast niemals auch nur einen Ziegenbock geschenkt – obwohl ich mich immer an alles gehalten habe, was du wolltest“.
Ohne Zweifel liegt in dem Verhalten des Vaters eine Provokation. Diese überschwängliche Reaktion, als der jüngere Sohn zurückkehrt, der auf schäbige Weise sein Erbe verschleudert hat, ist ein Ärgernis.
Wahrscheinlich fällt es vielen nicht schwer, Beispiele im eigenen Erfahrungsbereich zu suchen, wo man sich ebenso empören würde.
Die überschwängliche Freude ist ja nicht das einzige: kein mahnendes Wort, nicht einmal ein Wort der Verzeihung – im Gegenteil: Er wird sofort wieder mit allen Zeichen in die Sohnschaft eingesetzt.
Aber ich möchte alle, besonders die unter uns, die sich mit dem älteren Sohn identifizieren, bitten, den folgenden Gedankenweg mitzugehen:
Denken wir zuerst an den Ausgangspunkt, warum Jesus diese Gleichnisgeschichte erzählt:
Zöllner und Sünder kommen zu Jesus. Sie wollen ihn hören. Und Jesus scheint sogar mit ihnen zu essen: das heißt: er macht sich mit ihnen gemein. Er hält keine Distanz. Dabei wird man im jüdischen Denken selbst unrein, wenn man mit Sündern zusammen isst.
„Sage mir, ….“
Untergräbt Jesus damit nicht die Bemühungen der Pharisäer: sie befolgen erstens selbst alle Gebote gewissenhaft und vor allem: sie lehren auch das Volk. Sie setzen Kraft und Mühe und Überzeugungskunst ein, damit das Volk die Gebote achtet und hält.
Arbeitet er dem Bemühen der Schriftgelehrten entgegen?
Jesus will den Pharisäern sein Verhalten erklären – so wie in der Geschichte der Vater zu dem älteren Sohn hinausgeht und versucht, ihn zurückzugewinnen.
Was er erklären möchte ist seine Lehre: „Im Himmel herrscht mehr Freude über einen Sünder, der umkehrt als über 99 Gerechte, die die Umkehr nicht nötig haben.“ Diesen Satz hat die Leseordnung leider weggeschnitten.
In erster Linie geht es also nicht um eine Anweisung zum Verhalten von Vätern mit ungehorsamen Söhnen. In erster Linie geht es um Himmlisches, um Göttliches.
Man muss also nicht überlegen, ob der Vater das Erbe des älteren Sohnes nochmal schmälert. Das Heil, das Glück des Himmels ist unendlich – es ist unerschöpflich. Wer im Himmel ist, ist ganz im Himmel und das gilt für jeden und alle.
Und deshalb ist es im Himmel ein Fest, wenn einer, der Gott den Rücken gekehrt hatte, sich Gott zuwendet. Wenn einer der der Selbstsucht, dem Stolz, der Habsucht, der Machtgier nachlief, wenn so ein Mensch tatsächlich merkt: Ich bin auf dem falschen Weg. Dieser Weg führt mich in den Abgrund, da bleibt nichts übrig. Dann ist einer gewonnen für das Leben, für das Glück des Himmels. Er ist dem Tod von der Schippe gesprungen. Das ist doch wirklich ein Fest für Gott, der doch allen Geschöpfen sein Heil schenken will.
Weil das so ist, gibt sich der Vater auch mit dem älteren Sohn so viel Mühe. Er geht ihm genauso entgegen und wird sich genauso sehr freuen, wenn der das Fest mitfeiert und die Freude des Vaters teilen kann. Wenn er sich freut, dass er seinen Bruder wiedergewonnen hat.
Ich bin froh, dass mich der Vater immer wieder aufnimmt. Ich bin froh, dass er mich nicht ins Katzenhaus schickt, sondern mir seine ganze Fülle und sein ganzes Glück schenkt. Denn verdienen täte ich es nie.
Jetzt während das Corona Virus die ganze Welt heimsucht, klingen die Sätze Jesu fast provokativ:
„Was auch immer zwei oder drei in meinem Namen erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten!“ –so viele Gemeinden, Familien, Ordensleute haben schon weiß Gott wie oft gebetet, dass diese Krankheit besiegt wird.
Wir haben schon so oft um Frieden gebetet, um Befreiung von Ausbeutung – wie oft haben wir erhalten oder nicht erhalten, worum wir gebetet haben?
Wie soll ich Jesus das glauben? Kann ich es glauben?
Bevor ich mich in Verbitterung und Auflehnung hineinrede, gehe ich noch einmal einen Schritt zurück und überlege:
Ganz sicher hat auch Jesus gewusst, dass längst nicht alle Gebete erhört werden. Dennoch hat er das gesagt.
Wie hat er sich das vorgestellt?
Ich schaue nochmal auf den Zusammenhang: Was ihr hier löst, gilt auch im Himmel als gelöst. Was ihr bindet, gilt auch im Himmel als gebunden! Das ist auf den Umgang mit Menschen bezogen, die sich versündigen. Die Entscheidung der Gemeinde gilt bei Gott. Im Vordergrund steht sicher der Impuls zur Vergebung, zur Versöhnung.
Sollte die Gemeinschaft der Glaubenden davon nicht viel öfter Gebrauch machen und Menschen aus dem lösen, befreien, was sie bindet und daran hindert, wirklich frei zu sein – auch wenn es nicht sein kann, dass dadurch den Opfern von Unrecht und Verbrechen Schutz und Hilfe und die Solidarität der Gemeinschaft entzogen wird.
Denken wir nur an die Opfer von Raub und Körperverletzung, von Entführung und Missbrauch: Es kann nicht sein, dass sie ansehen müssen, wie ihre Peiniger gelöst sind und sie dadurch an das erlittene Unrecht gebunden bleiben.
Zu diesem Geschehen von Binden und Lösen, von Zurechtweisung und Umkehr und Versöhnung gehört dieses Wort von der Bitte der Glaubenden.
Wenn wir gemeinsam Bitten, dass Gott vergibt, wie auch wir vergeben, dann wird unsere Bitte erfüllt, weil in diesem Gebet Jesus mitten unter uns ist und wir so beten, wie er es uns gelehrt hat.
Liebe Schwestern und Brüder, nur auf Anhieb erscheinen diese beiden Sätze als uneinlösbares Versprechen, dass unsere Bitten um Gesundheit und Frieden von Gott erfüllt würden.
Bei genauerem Hinsehen sind sie eine viel tiefer und bedeutender: Jesus ist mit uns, wenn wir in seinem Namen versammelt sind. Wir beten, als seine Schwestern und Brüder, als Kinder Gottes, wie er es uns lehrt: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Ich versuche es mit eigenen Worten auszudrücken: Gott verschenkt sich an uns, so dass wir bitten, was seine Liebe wirkt. Vater vergib ihnen!
Zum Abschluss noch drei Anmerkungen zum Gebet Jesu: Nach dem Matthäusevangelium betet Jesus im Ölberg: Dein Wille geschehe. Im Augenblick des Todes hört er zu bitten auf und klagt: Warum hast du mich verlassen?
Der Auferstandene sagt zu den Jüngern – und das erinnert an die Zusagen „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“: Ich bin bei euch alle Tage, bis zum Ende der Welt.
Dies sind verschiedene Momente des gleichen Geheimnisses Jeus: Was immer wir auch bitten, wir bitten – weil Jesus in unserer Mitte ist -, was Gottes Liebe wirkt.
Hier geht es zu den Texten der Liturgie (Vorschlag I)
Liebe Schwestern und Brüder,
wenn wir unseren Verstorbenen etwas sagen, etwas mitteilen wollen, was würden wir zu ihnen sagen.
Vielleicht sagen wir: „Du fehlst mir“, weil die Person eine Lücke hinterlässt, weil sie einfach zu mir und meinem Leben gehörte.
Wie kann ich leben ohne ihn, ohne sie?
Vielleicht sagen wir auch „Danke!“: weil wir dem Verstorbenen so viel verdanken: seine Freundschaft, seine Treue, seine Sorge, seine Unter-stützung. Er hat unser Leben geteilt und bereichert. Es gibt so viele schöne Erinnerungen und Erlebnisse. Danke dafür.
Vielleicht sagen wir auch: „Verzeih“ und denken daran, was wir der Verstorbenen schuldig geblieben sind. Wir denken an manche Augenblicke, in denen uns die Kraft ausging, es mangelte an Verständnis und Geduld.
Vielleicht sagen wir auch: „Ich verzeihe dir“, wenn es nicht immer leicht war, den Verstorbenen auszuhalten, zu ertragen. Doch wir wollen über den Tod hinaus nichts nachtragen, sondern es soll Frieden sein, zwischen dem Verstorbenen und uns.
Vielleicht fragen wir auch: „Warum?“ weil wir nicht verstehen, wie es gekommen ist; weil der Tod so unvorhergesehen kam; weil wir nicht damit gerechnet haben – nicht jetzt. Warum fragen wir – weil wir es noch nicht annehmen können, dass sie oder er verstorben ist.
Die Klage, der Schmerz, die Trauer herrschen noch vor. Wir warten darauf, dass die Frage allmählich verstummt.
Vielleicht sagen wir auch: „Es ist gut“. Weil wir unserem Verstorbenen gönnen, dass er am Ziel ist, dass er befreit ist von seinem Leiden, dass er nun an einem besseren Ort ist, als es die Erde sein kann.
Es ist gut so. Der Trauerschmerz hat uns verändert, unsere Sicht auf das Leben reifen lassen. Wichtig sind nicht die gezählten Jahre, sondern die Liebe, die wir geben und empfangen.
Liebe Schwestern und Brüder,
der Tod unserer lieben Angehörigen bewegt uns und beschäftigt uns.
Sie bleiben ein Teil von uns selbst. Durch sie wurden wir zu den Menschen, die wir nun sind. Solange wir leben, werden wir sie nicht vergessen.
Wenn schon wir, solange wir leben, mit unseren Toten verbunden bleiben, umso mehr wird der ewige Gott immer an unsere Toten denken. In ihm sind sie lebendig und leben. In ihm sind sie vollendet und vollkommen. In ihm sehen sie das Licht und haben Anteil an der Freude Gottes.
Liebe Schwestern und Brüder, was können wir zu unseren Verstorbenen sagen:
„Ich freue mich mit dir und für dich, weil du Gottes Licht schauen darfst – so wie es uns bei der Taufe schon zugesagt wurde.“
Und vielleicht sagen wir auch: „Einmal, wenn die Zeit gekommen ist, werde ich auch diesen Schritt gehen und da sein, wo du bist und so sein, wie du jetzt schon bist.“
Auch unsere Verstorbenen haben vielleicht eine Botschaft an uns:
„Ich wünsche dir, dass du lebst und froh bist im Leben. Du sollst nicht dauernd traurig sein, denn ich wünsche dir die Freude am Leben.“
Liebe Schwestern und Brüder,
Im Johannesevangelium hören wir Jesus sagen:
„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Jeder der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben!
Unsere Verstorbenen haben Anteil an seiner Auferstehung,
weil sie an ihn geglaubt haben.
Liebe Schwestern und Brüder,
Vielleicht erinnern sie sich noch an die schweren Sätze am letzten Sonntag: Jesus mehr lieben als seine Liebsten; sein Kreuz tragen;
die Entscheidung für Jesus genau überlegen, denn sie fordert einem alles ab.
Tatsächlich ist das Gleichnis vom Wiederfinden der unmittelbare Anschluss. Die Leseordnung lässt in diesem Fall keine Lücke.
Zuerst diese erschreckenden Zumutungen und nun wieder diese Freundlichkeit und Güte, dieses Werben für Verzeihung.
Es ist eine große Spannung die das Lukasevangelium aufbaut in der Überlieferung von Jesus.
Die Gleichnisgeschichten erklären sich von selbst. Ich möchte deshalb nur auf die Eckpunkte hinweisen, denn die finden – das lehrt mich die Erfahrung – kaum Beachtung, weil die beiden Gleichnisgeschichten vom Wiederfinden der Drachme und des Schafs so plastisch sind:
Die Zöllner und Sünder kommen und wollen Jesus hören! – Sie waren scheinbar nicht abgeschreckt von seinen Worten. Vielmehr merkten sie, dass sie bei ihm nicht abgeschrieben waren. Sie spürten, dass Jesus sie ernst nahm und sie nicht verachtete.
Dass Jesus diese Leute aufnahm, dass er mit ihnen Tischgemeinschaft hatte – das wiederum provozierte die Schriftgelehrten und die gesetzestreuen Pharisäer.
Sie können sich selbst Beispiele aus unserer Zeit für einen solchen Tabubruch ausdenken:
Jesus wird also angegriffen. Ich stelle mir vor, wie sich die anständigen und gewissenhaften Juden ärgern: So einer will Rabbi sein. SO einer traut sich sagen: Im Himmel ist es so! Da erzählt Jesus diese beiden Gleichnisse. Ich staune, wie freundlich, wie einfühlsam Jesus versucht, denen, die über ihn schimpfen, sein Verhalten verständlich zu machen – mit Beispielen, die jedem geläufig und eingängig sind. Er will sie auf seine Seite ziehen.
Beide Geschichten münden in dem Lehrsatz:
Im Himmel – also bei Gott – ist mehr Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die keine Umkehr nötig haben.
Was sagen sie dazu, liebe Schwestern und Brüder?
Ist das vielleicht zu viel Aufhebens um einen Menschen, der lange Zeit sich verfehlt hat und nun endlich von seinen Verfehlungen ablässt?
Sollte man sich nicht vielmehr über die freuen, die Zeit Lebens versuchen es gut zu machen?
Liebe Schwestern und Brüder, es ist eine ernste Frage, wie jeder das sehen kann und sehen will.
Jesus jedenfalls charakterisiert den Himmel, die Engel Gottes, Gott selbst so, dass seine Freude über einen Menschen, der zu ihm findet größer ist als über die, die nie verloren waren.
Die Sicht Jesu ist sehr optimistisch:
Manchmal denken Menschen pessimistisch:
Es hilft nichts mehr, ich habe keine Chance mehr, das gut zu machen.
Manchmal geben sich Menschen auf und werden aufgegeben.
Jesus sagt: das muss nicht so sein:
Niemand muss sich aufgeben und niemand muss einen anderen aufgeben.
Es liegt viel Trost darin, zu wissen, zu glauben, dass es die Möglichkeit gibt, ein guter Mensch zu sein – was immer auch früher gewesen war.
Das gibt jedem Mut und Hoffnung, der ständig versucht,
seinen Mangel an Liebe zu verringern;
seinen Überschuss an Wut und Zorn,
an Enttäuschung und Mutlosigkeit zu überwinden.
Umso mehr ich mir bewusst bin, dass ich auch ein Sünder bin,
weit entfernt, Gottes Liebe auszustrahlen,
umso mehr kann ich daraus Hoffnung schöpfen.
Liebe Schwestern und Brüder,
Wohin ich auch schaue: überall sind Konflikte – überall drohen die Konflikte zu eskalieren.
Storchenfreunde hegen fast ungehemmte Aggression gegen die Storchenfeinde.
Verteidiger der abendländischen Kultur betrachten Fremde als Feinde und wollen sie so schnell wie möglich wieder los werden.
Weltmächte sind voll Argwohn gegeneinander und streben nach der Welthoheit.
Überall gibt es Spaltungen. Die Menschen betonen die Gegensätze,
was sie trennt, die Unterschiede.
Die Menschen suchen nicht das, was sie untereinander verbindet,
sie denken nicht daran, dass alle dieselbe Luft atmen und dasselbe Wasser trinken und die Früchte der gleichen Erde essen.
Die Menschen – die vielen, die ihre Regierungen wählen und die, die gewählt werden – streben nicht danach, dass wir uns als eine Menschheitsfamilie entwickeln.
Die Menschen streben stärker als früher wieder nach Spaltung statt nach Einheit; sie meinen, sich zu trennen wäre besser als sich zu verbinden.
Die Einstellung ist: Wir zuerst – dann die anderen.
Das meiste für uns – der Rest für die anderen.
Welch ein Kontrast zu den Worten des Evangeliums, wo Jesus sagt:
Der Geist der Wahrheit wird von dem, was mein ist, nehmen
und es euch verkünden.
Alles was der Vater hat, ist mein. Der Vater hat es mir gegeben.
Gott, der Vater und der Sohn teilen alles
und durch den Geist teilen sie es mit den Menschen.
Das ist das genaue Gegenteil zum Kurs der Spaltung.
So entsteht Einheit und Verbindung – so entsteht Frieden und Gemeinschaft. So entsteht Verantwortung füreinander statt Verachtung des anderen und seines Lebens.
Der Glaube an den dreieinigen Gott, an Vater, Sohn und Geist,
das ist der Glaube an die Liebe, die alles miteinander teilt.
Diese Einheit entsteht durch die Unterschiede, durch die Verschiedenheit, der einzelnen. Sie entsteht nicht durch Gleichmacherei.
Der Vater ist nicht der Sohn und der Sohn ist nicht der Heilige Geist
und der Geist ist nicht der Vater.
In verschiedenen Weltgegenden gibt es notwendiger Weise verschiedene Lebensgewohnheiten.
Doch wir sind alle Menschen, fähig zum Lieben und zum Hassen;
fähig zum Streiten und zum Versöhnen, fähig zum Fürchten oder zum Vertrauen, geplagt von Ängsten und erfüllt von Hoffnungen.
Der Glaube an den Vater, der alles mit dem Sohn teilt
und an den Geist, der uns gibt, was dem Sohn gehört
– der Glaube an die Liebe als Urprinzip des Universums und des Lebens,
– dieser Glaube weckt die Sehnsucht nach Einheit unter den Menschen.
Dieser Glaube lehrt uns, das Verbindende zu suchen und die Unterschiede als Bereicherung statt als Bedrohung anzusehen.
Der Glaube an die Liebe zwischen Vater, Sohn und Geist,
soll uns antreiben, Einheit und Frieden anzustreben – als Einzelne, wie auch als Gemeinschaft.
Darum ist auch das Streben nach der Einheit des Volkes Gottes – aller Getauften – unverzichtbar und so wichtig:
Wenn wir Christen es nicht schaffen, Einheit zu schaffen und zu erhalten,
wie soll dann die Welt glauben, dass Einheit möglich ist?
Einführung: Pfarrfest – Begegnung, Zusammengehörigkeit, Entspannung,
Die Auferstehung Jesu, unsere Befreiung und Erlösung feiern wir in jeder Eucharistie – besonders am Sonntag, dem Tag, den wir Gott weihen und den Gott uns schenkt für Erholung und um uns in ihm zu verankern.
Tagesgebet Herr, du Gott des Friedens,
in dir ist der vollkommene Friede.
Wer Lust am Streiten hat,
kann dich nicht verstehen.
Lass alle, die in Einigkeit leben,
den Frieden bewahren.
Wecke in denen, die im Unfrieden sind,
die Bereitschaft, sich zu versöhnen.
Lesung aus dem Buch Jesaja (32,15-18)
15 Wenn der Geist aus der Höhe über uns ausgegossen wird,
dann wird die Wüste zum Garten
und der Garten wird zu einem Wald.
16 In der Wüste wohnt das Recht,
die Gerechtigkeit weilt in den Gärten.
17 Das Werk der Gerechtigkeit wird der Friede sein,
der Ertrag der Gerechtigkeit
sind Ruhe und Sicherheit für immer.
18 Mein Volk wird an einer Stätte des Friedens wohnen,
in sicheren Wohnungen,
an stillen und ruhigen Plätzen.
Lesung aus dem Brief an die Kolosser
12 Schwestern und Brüder,
ihr seid von Gott auserwählt und seine geliebten Kinder,
die zu ihm gehören.
Deshlab sollt ihr euch untereinander
als neue Menschen bewähren.
Zeigt echtes Mitgefühl,
seid entgegenkommend und anspruchslos.
Übt euch in Nachsicht und habt Geduld miteinander.
13 Ertragt einander,
und seid bereit, einander zu vergeben,
selbst wenn ihr glaubt, im Recht zu sein.
Denn auch Christus hat euch vergeben.
14 Wichtiger als alles andere ist die Liebe.
Sie ist das Band, das alles zusammenhält,
und sie führt euch zu vollendeter Einheit.
15 Und der Friede, den Christus schenkt,
erfülle euer Herz.
Gott hat euch dazu berufen,
als Gemeinde Jesu in diesem Frieden ein Leib zu sein.
Dankt Gott dafür!
Aus dem hl. Evangelium nach Matthäus (5,38-48)
38 „Es heißt auch: ,Auge um Auge, Zahn um Zahn!’
39 Ich aber sage: Wenn man euch Böses antut,
dann vergeltet nicht Gleiches mit Gleichem!
Ertragt es lieber
Wenn man dir eine Ohrfeige gibt,
dann halte die andere Wange auch noch hin!
40 Wenn einer mit dir einen Prozess um dein Hemd führen will,
so gib ihm auch noch den Mantel!
41 Und wenn ein Soldat von dir verlangt,
eine Meile weit sein Gepäck zu tragen,
dann geh zwei Meilen mit ihm!
42 Gib dem, der dich um etwas bittet,
und auch dem, der etwas von dir leihen will.
43 Es heißt bei euch:
,Liebt eure Freunde und hasst eure Feinde!’ 44 Ich aber sage: Liebt eure Feinde und betet für alle,
die euch verfolgen! 45 So erweist ihr euch als Kinder eures Vaters im Himmel.
Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute
und er lässt es regnen für Fromme und Gottlose.
46 Wollt ihr etwa noch dafür belohnt werden,
wenn ihr nur die Menschen liebt, die euch auch lieben?
Das tun sogar die, die sich nicht um Gott kümmern!
47 Wenn ihr nur euren Freunden liebevoll begegnet,
ist das etwas Besonderes?
Das tun auch die, die von Gott nichts wissen. 48 Ihr aber sollt zu allen Menschen gut sein
wie euer Vater im Himmel zu allen gut ist!“
Ansprache:
Suche den Frieden und jage ihm nach! – so steht es im Ps 34,15.
Was ist aber eigentlich Frieden und wie kommt er zustande?
Ich möchte mir darüber mit ihnen ein paar Gedanken machen.
Und zwar mit Hilfe der Buchstaben, aus denen das Wort „Frieden“ zusammengesetzt ist.
Mit „F“ beginnt auch das Wort FREIHEIT.
Ist es richtig zu sagen: ohne Freiheit kein Friede?
Jedenfalls nicht auf Dauer. Denn Menschen wollen Freiheit.
Beispiele? Die Weltgeschichte ist voll davon!
Wir wollen niemanden zu etwas zwingen – gegen seinen Willen.
Eröffne ich Freiheit? Lasse ich Freiheit? Oder enge ich ein?
Der Frieden setzt Wahrheit oder Wahrhaftigkeit voraus. Lüge und Betrug vergiften das Miteinander der Menschen. Sie wecken Wut und Zorn und Eifersucht und Neid.
Ebenso ist es mit der Gerechtigkeit: Ungerechtigkeit schafft Zwietracht.
Deshalb setzen sich die Hilfswerke besonders für gerechtere Verhältnisse ein. Es müssen nicht alle gleich sein und das gleiche haben.
Doch wenn sich wenige auf Kosten der vielen bereichern, wird es kritisch. Dann ist der Friede in Gefahr: Dann haben Leute leichtes Spiel, die vielen anzustacheln und in Wut zu bringen und für ihre Zwecke auszunützen.
Unsere Gesellschaft ist zurzeit der Schauplatz solcher Entwicklungen.
Das „R“ ist in Versöhnung enthalten.
Wo Menschen zusammenleben, gibt es immer wieder Streit.
Einer tut dem anderen weh – vielleicht sogar ohne Absicht.
Konflikte, Ärger – gehören zum Leben in Gemeinschaft.
Es geht nicht ohne Versöhnung und ohne Bereitschaft zur Versöhnung.
Manchmal gelingt das nicht – jedenfalls nicht gegenseitig?
Mit wem würde ich mir Versöhnung wünschen?
Verweigere ich mich dem Wunsch nach Versöhnung?
Wenn wir in Frieden leben wollen, müssen wir Geduld miteinander haben.
Es ist wie bei einer Wanderung. Die schnelleren müssen auf die langsameren warten. Die stärkeren nehmen Rücksicht auf die Schwächeren. Die Schwächeren dürfen aber auch nicht dadurch alle Macht an sich reißen. Sie müssen den Stärkeren zugestehen, dass sie mehr schaffen und können.
Jeder macht Fehler, jeder hat seine Eigenheiten – wir brauchen also wirklich Geduld miteinander.
Wo Frieden ist, entsteht etwas, das jedem wirklich so gut tut:
Das ist Sicherheit. Ich brauche keine Angst haben: vor dem anderen, vor Gewalt, vor Hunger und Elend. Frieden bringt Sicherheit und braucht Sicherheit: Denn Unsicherheit macht Angst. Angst macht eng. Angst macht aggressiv.
Als letztes habe ich mir etwas aufgehoben, das die Wurzel des Friedens anspricht: Wenn wir Anerkennung erfahren, wenn anerkannt wird, was wir leisten, was wir erdulden dann können wir Frieden finden.
Wer Unrecht erfahren hat, Wem Schaden zugefügt wurde,
wünscht sich am allermeisten, dass das anerkannt wird, dass es gesehen wird. Das ist wichtiger als die Strafe für den anderen und der Ersatz.
Das ist auch das Geheimnis des Friedens, den wir von Christus empfangen und den wir uns in jeder Messe zusprechen:
Gott erkennt uns an: Alles Gute, das wir versuchen, die Last unseres Lebens, das Unglück des Sterbens und die Angst davor.
Gott weiß um uns und er erkennt uns an, dass wir seine Kinder sind,
dass sein Leben in uns ist, dass wir aber nicht selber göttlich und unsterblich und vollkommen sind.
Deshalb ist die Botschaft Jesu:
Gott ist euch nahe. Er ist euer Vater. Er vergisst keinen, sondern hat auf jeden Acht, damit ihm keiner verloren geht, sondern jeder zu ihm kommt und Anteil hat an seinem Licht, seiner Fülle, seiner Freude.
Fürbitten
Pr. Jesus Christus ist der Friedensfürst. Er hat Versöhnung gebracht durch seine Botschaft. Gott hat ihn auferweckt. So bitten wir durch ihn den Vater.
Um Freiheit für die Menschen und Völker, die in wirtschaftlicher Abhängigkeit gehalten werden.
Um gerechte Verteilung der Gaben der Schöpfung – in unserem Land, in Europa und in der ganzen Welt.
Um Versöhnung für die Menschen, die zerstritten sind und um das Ende der Feindseligkeiten zwischen den Regierungen Europas.
Um Geduld der Menschen miteinander: Geduld für die Schwächen und Stärken und Eigenheiten und Fehler der anderen und mit sich selbst.
Um Sicherheit im Zusammenleben, weil die Menschen ihre Bedürfnisse gegenseitig achten und dem anderen nichts Böses tun.
Um Anerkennung und Wertschätzung für die Leistungen jedes Menschen und für das Unglück und Leid, das jedem Menschen widerfährt.
Pr: Himmlischer Vater, du weckst in uns die Liebe zum Frieden und die Bereitschaft mit den Mitteln des Friedens gegen Gewalt und Unrecht zu kämpfen. Segne uns, damit du gelobt wirst bei allen Völkern. Amen.