15.04.2022: Karfreitag

Liebe Schwestern und Brüder,
es ist der Freitag des Leidens Jesu und der Trauer um ihn, den König seines Volkes, der gekommen ist, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen.

Für welche Wahrheit?

Jedenfalls nicht das, was menschenverachtende Herrscher als Wahrheit ansehen: dass sie ihre Macht immer weiter vergrößern müssen,
und dass deshalb alle Menschen, die sie als Hindernis betrachten, verfolgt, verleumdet, eingesperrt und auch getötet werden.

Auch nicht das, was viele Menschen als Wahrheit ansehen: dass sie möglichst viel aus dem Leben in der Welt herausholen: Reichtum und Luxus ohne Grenzen. Sie sehen den Mitmenschen als Konkurrenten, mit dem sie darum kämpfen, wer mehr für sich herausholen kann.
Das ist die Welt der Kapitalisten.

Auch die Lethargie der vielen Menschen, die es nicht zu Macht und Reichtum bringen ist nicht die Wahrheit Jesu: Sie sagen, dass, die Mächtigen und Reichen und Rücksichtlosesten am Ende gewinnen und fügen sich diesen Regeln und versuchen einigermaßen zu überleben.

Was ist die Wahrheit, für die Jesus Zeugnis ablegt?

Liebe Schwestern und Brüder, die Antwort ist gar nicht so leicht.
Das Johannesevangelium spricht zwar immer wieder von der Wahrheit:
Sie kommt durch Jesus und sie führt zum Licht. Gott will in der Wahrheit angebetet werden. Jesus ist sogar die Wahrheit und er betet für seine Jünger um den Geist der Wahrheit.

Schwer oder kaum zu finden ist aber eine Erklärung, dass Jesus sagen würde: Die Wahrheit ist …..

Im Johannesevangelium habe ich dazu zwei Grundaussagen gefunden:

Jesus ist vom Vater gesandt, um ihn zu verherrlichen. Er und der Vater sind eins.

Und zweitens: Jesus ist von seinem Vater geliebt und liebt den Vater und tut allein das, was sein Vater ihm aufträgt. Deshalb gibt er sein Leben hin, wie ein guter Hirt, der für seine Schafe kämpft und wie ein Weizenkorn, das vergeht, um reiche Frucht zubringen. Jesus tut alles aus Liebe zu seinem Vater und weil er von seinem Vater geliebt wird.

Jesus liebt seine Jünger, wie der Vater ihn liebt und die Jünger sollen den Vater und einander in gleicher Weise lieben.

Liebe Schwestern und Brüder,
ich versuche das Ganze für mich zusammenzufassen:

Die Wahrheit Jesu ist, dass er von seinem Vater geliebt wird und dass der Vater durch ihn allen, die ihm glauben, seine Liebe und sein Leben schenkt. Aus dieser Liebe findet Jesus die Kraft, den Mächten dieser Welt zu widerstehen und aus Liebe sein Leben hinzugeben.

Liebe Schwestern und Brüder, was bedeutet das konkret?

Ist das noch eine Frage?

Liebe ist doch konkret, oder?
Liebe heißt: Du bist mir so wichtig, wie ich selbst mir bin und wie du und ich Gott wichtig sind.
Liebe heißt, ich tu alles für dich.
Und göttliche Liebe heißt: Ich schließe niemanden davon aus.

Wir erleben, wie grausam die Welt wird, wenn der Glaube an diese Wahrheit erlischt. Dann geht es nur noch darum, wer mit größerer Gewalt den Mitmenschen als Feind hasst und tötet und bezwingt.
Das ist die teuflische Wahrheit, auf die wir nicht hereinfallen sollen.
Denn diese Wahrheit bringt Tod und Verderben. – Auch wenn Sie uns jetzt als Rettung angepriesen wird.

Die Wahrheit Jesu ist, dass die Welt durch die Liebe lebt und am Leben bleibt. Dafür lohnt es sich zu leben und sogar zu sterben
– aber nicht zu töten.