29. Januar 2012: 4. Sonntag im Jahreskreis

War es wirklich ihre freie Entscheidung, jetzt in die Kirche zu gehen, oder folgten sie nur einem inneren Zwang,
der durch Erziehung, durch ihre Glaubensentscheidung, durch die kulturelle Prägung, durch ihren Gehorsam gegenüber dem Sonntagsgebot zustande kommt?

Vor einigen Jahren ergab sich ein Gespräch mit einem Pastoralreferenten, mit dem ich in einem Kurs zusammen war: Wie frei sind wir Menschen eigentlich? Mein Kollege behauptete: Wir meinen frei zu entscheiden, aber eigentlich setzen wir nur unsere inneren Bestimmungen in einer konkreten Situation in Handeln um.

Ich muss zugeben: Das ist nicht von der Hand zu weisen. Viele unserer täglichen Handlungen und scheinbaren Entscheidungen sind bei weitem nicht so frei, wie es äußerlich scheinen mag.

Und doch kennen wir Freiheit. Sie ist zum Beispiel in unserer Verfassung als Grundrecht festgeschrieben: Jeder hat das Recht auf freie Berufswahl, freie Meinungsäußerung, auf Religionsausübung, sich zu bewegen usw.

Manchmal machen wir auch ganz bewusst von unserer Freiheit Gebrauch: Wenn wir uns entscheiden, uns zu verändern, wenn wir neue Werte entdecken, wenn wir Werte in den Vordergrund rücken, die bisher mehr im Hintergrund standen.
Manchmal ist es einfach nur schwer zu entscheiden, welche Entscheidung die richtige ist – um das Ziel zu erreichen, das wir gewählt haben und das unser Handeln bestimmt.

Unsere Freiheit ist bedingt von vielen Umständen und auch die Weite unserer Entscheidungsmöglichkeiten – unsere Macht ist begrenzt.

Nach diesen Überlegungen schaue ich noch einmal auf den Abschnitt des Evangeliums. Es handelt von einem Mann, der von einem unreinen Geist besessen, beherrscht war.
Ein Mann, der also nicht Herr über sich selbst war, sondern Dinge tat, die er nicht tun wollte; nicht er, sondern ein „Geist“ bestimmte sein Tun.
Was immer das genau sein mag: es kann eine Krankheit sein, oder das, was die Bibel einen Dämon nennt. Jedenfalls ist die Freiheit dieses Mannes extrem eingeschränkt, weil er von etwas anderem als seinem Willen bestimmt wird – von innen her. Schrecklich muss das sein!

Aber kenne ich das nicht auch?
Ich weiß genau, dass es besser wäre diesen Satz nicht zu sagen: aber ich kann nicht anders. Er muss aus mir heraus.
Ich lasse mich treiben und tue alles Mögliche nur nicht, was ich mir vorgenommen habe.
Obwohl ich Wahrheit und Hilfsbereitschaft als große Werte schätze, sage ich: „Ich habe jetzt keine Zeit!“ – weil ich keine Lust habe.

Was schränkt meine Freiheit ein?
Meine Freiheit für andere da zu sein.
Meine Freiheit zur Solidarität.
Meine Freiheit, mir Zeit zu nehmen für das Gebet.
Was fesselt mich?

Jesus scheint große Macht zu besitzen:  Er scheint mit seiner Botschaft von Gott die Macht zu haben, mich von dem zu befreien, was mich davon abhält, das zu leben, was ich bin:
Gottes Kind zu sein    – Wollen Sie das?

22. Januar 2012: 3. Sonntag im Jahreskreis

„Die Zeit ist erfüllt!“ ruft Jesus – Ich kenne diesen Satz – ich weiß nicht mehr wie lange. Aber: was bedeutet es, wenn die Zeit erfüllt ist?
Ist die Wartezeit abgelaufen? Etwa wie bei einem Gefangenen, der auf seine Freilassung wartet? Oder ist die Zeit der Bewährung bestanden – wie bei der Bewährungszeit in einem neuen Dienstverhältnis? Warum jetzt und nicht schon früher oder erst morgen?

Die Zeit ist erfüllt! Jedenfalls tritt damit der Entscheidende auf den Plan und etwas neues beginnt:
Ein Glück für die, die darauf gewartet haben, die es erwartet haben, die es ersehnt haben.
Überraschend für die, die ahnungslos waren.
Ein Schrecken für die, die es kommen sahen und die es am liebsten aufgehalten hätten.

„Nahe gekommen ist die Königsherrschaft Gottes!“
Das ist ein Schrecken für die Machthaber dieser Erde, wenn Ihnen die Macht genommen wird, die Menschen zu beherrschen.
Macht ist an sich nichts negatives. Wer Macht hat, kann etwas vollbringen, etwas schaffen.
Nur, wer seine Macht gegen seine Schwestern und Brüder – und das sind wir Menschen letztendlich – einsetzt, der missbraucht seine Macht.
Wer anderen wegnimmt, was ihnen gehört.
Wer sie zu etwas zwingt, gegen ihren Willen.
Wer andere demütigt, um selber groß dazustehen.

Menschen, die sagen: man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen, sind schwierig zu beherrschen und zu regieren. Sie lassen sich nicht manipulieren, sie haben ein eigenständiges Empfinden für Gut und Böse, sie behalten ihre Freiheit – auch wenn sie ins Gefängnis gesperrt werden. Beispiele dafür gibt es schier ohne Zahl.

Die Königsherrschaft Gottes ist nahe!
Mit dieser Botschaft zog Jesus durch Galiläa – damit erklärt das Evangelium schon ganz am Anfang: Die Botschaft von der Königsherrschaft Gottes, die Botschaft vom Heil, das Gott schenkt, vom Frieden und von der Versöhnung muss verkündet werden – damit die Menschen umkehren und glauben.
Aus dem gleichen Grund ruft Jesus Simon und Andreas, Jakobus und Johannes zu sich, damit sie mit ihm diese Botschaft verkünden – das Wort von den Menschenfischern unterstreicht dies: Die Jünger Jesu sollen die Botschaft verkünden und Menschen für die Königsherrschaft Gottes gewinnen.
Christen befolgten von Anfang an Jesu Beispiel und verkündeten das Evangelium in den Synagogen, auf den Marktplätzen und überall, um andere zum Glauben einzuladen. Dazu sendet Jesus uns in die Welt zu den Menschen. Christen sind missionarisch!

Das kann eine Last sein: Missionare werden nicht immer gerne gehört, werden als lästig und aufdringlich empfunden und deshalb gemieden – wie Werbestände in der Fußgängerzone.

Größer aber ist der Vorteil dieser christlichen Eigenart: Christen sind keine abgekapselte, verschworene Geheimbruderschaft. Sondern Christen sind offen für die Begegnung, sind aufgeschlossen für die Freuden und Sorgen, Für die Ängste und Hoffnungen der Menschen – so formulierten es die Bischöfe auf dem 2. vat. Konzil.

Wir sind mitten in dieser unserer Gesellschaft und sind ein Teil von ihr. Mitten in der Gesellschaft beteiligen wir uns als Christen an der Suche nach Antworten auf die Herausforderungen der Zeit.
Unsere christlichen Bildungsangebote sind deshalb ein wichtiger Teil unseres Engagements: Wir vergewissern uns immer wieder neu über unseren Glauben und wir lassen uns ein auf die Fragen der Zeit und auf die Gedanken unserer Mitmenschen.
So sind wir in der Lage, dass wir die Menschen immer wieder einladen, an die Botschaft von Gottes Herrschaft zu glauben und deshalb das Leben, die Freiheit, die Gerechtigkeit, die Wahrheit und die Liebe an die erste Stelle zu setzen.

15. Januar 2012: 2. Sonntag im Jahreskreis

Was hat einen Evangelisten vor 1900 Jahren bewegt, den Anfang der Jesus Bewegung auf diese Weise darzustellen? Aus welchem Grund machte sich überhaupt jemand daran über Jesus, sein Leben und Sterben zu schreiben und zwar in der Form eines Zeugnisses über diesen Mann!
Er teilt uns den Grund mit in dem, was er über Jesus sagt – besser, was er von Jesus bekennt: Er ist das Lamm Gottes – Er ist der Messias, der Gesalbte!
Das Evangelium verkündigt von Anfang bis Ende nichts anderes als genau dies! Die Absicht ist: den Glauben an Jesus als Messias bei den Jüngern Jesu zu stärken und denen, die noch keine Jünger Jesu sind, diesen Glauben zu verkünden.
Dahinter steht also keine berechnende Absicht, von Menschen, die sich die Geschichte JEsus irgendwann ausgedacht haben, sondern der ehrliche und überzeugte Glaube der Jünger an Jesus aus Nazareth, der vor 2000 Jahren in Israel auftrat und das Reich Gottes verkündete: die Versöhnung von Gott und Mensch und das ewige Leben. Dabei ist die Überlieferung dieser Evangelien historisch nachzuvollziehen über die ganze Zeit hinweg. Wir lesen das Evangelium, das vor 1900 Jahren verfasst wurde.
Da Jesus aber kein Lehrsystem entwickelt hat und anders als später Mohammed kein Buch schrieb, kann es nur diese Form des Zeugnisses geben: die Erinnerung an Jesu Handeln und Reden.
Wer weiß, wie Jesus handelte und welche Geschichten er erzählte und wie er von seinem himmlischen Vater und vom Himmelreich sprach, der lernt ihn kennen und kann an ihn, den Messias Gottes, glauben.
Sie, liebe Kirchenbesucher, drängt es sie, Jesus als Messias zu verkünden? Drängt es sie zu bezeugen: „Er ist das Lamm Gottes!“?
Glauben sie, dass Jesus der Messias ist, der uns rettet aus Sünde und Tod?
Schnell möchte ich sagen:  Selbstverständlich glaube ich -. Sonst wäre ich nicht in der Kirche!
Ja, im Gottesdienst tun wir in etwa das, was von den beiden Jüngern gesagt wird: wir gehen mit Jesus, um zu sehen, „wo er wohnt“ und bleiben eine Stunde lang bei ihm.
Nehmen wir etwas mit? Passiert etwas mit uns in dieser Stunde, die wir bei Jesus sind und sehen, wo er bleibt? Gehen wir anders heim, als wir gekommen sind?

Ich hoffe, dass wir nicht nur frierender oder hungriger oder gar gelangweilt von hier weggehen.
Ich hoffe dagegen, wir sind gestärkt in dem Glauben, dass Gott unser Vater ist, der uns als seine Kinder liebt. Verankert in der Überzeugung, dass Gott in dieser Welt bei den Menschen ist und dass sich seine Leben schaffende Liebe in allem Lebendigen zeigt.
Ich hoffe, dass wir wieder Kraft dafür schöpfen, aus der Liebe zu Gott zu handeln und aus Liebe zu den Menschen:
Ich hoffe, wir gehen wie die Jünger von hier weg und erzählen unseren zuhause gebliebenen Verwandten und Nachbarn: Wir haben den Messias gefunden.
Wir haben ihn gefunden, der unseren Geist und Verstand in die Höhe hebt; der uns aufrichtet, damit wir uns nicht in der Sorge um unsere täglichen Bedürfnisse nach Nahrung und Wärme verlieren.
Wir haben ihn gefunden, der unseren Horizont weitet, so dass wir erkennen, wofür es sich anzustrengen lohnt:
Letztendlich, damit die Liebe mehr wird, damit Gott das sagen hat in dieser Welt.

08. Januar 2012: Fest Taufe des Herrn

Die erste Seligpreisung im Matthäusevangelium heißt: „Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich!“
Dieses Ideal nennt Jesus als erstes. Das entspricht auch der Reihenfolge in anderen Zusammenhängen: Das erste der 10 Gebote heißt: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Das Gebet des Herrn beginnt mit den Worten: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe.

Ich deute das „arm sein vor Gott“ als den Wert der Einfachheit, die versucht, im Einklang mit der Schöpfung und dem Willen Gottes zu leben.

Franziskus von Assisi der große Heilige des Mittelalters, sprach von seiner geliebten Schwester Armut. Er legte das Augenmerk vor allem auf die materielle Armut: doch das hatte einen tieferen Sinn. Er wollte nach nichts anderem streben, als Gottes Willen zu tun. Er wollte ganz für Gott leben – zum Zeichen für seine Mitmenschen: Wie zu jeder Zeit drehte sich in deren Leben fast alles darum, reich zu werden und die eigene Macht zu vergrößern. Gerade auch die Kirche bot damals ein unglaubwürdiges Bild, das mit dem Evangelium Jesu nicht mehr viel zu tun hatte. Franziskus hat das gemerkt – er beschloss, in seinem Leben wirklich Jesus nachzufolgen und lebte als Armer, als Bettler um des Himmelreiches willen. Die Armut pries er als seine große Geliebte, als Quelle seiner Freude, um nichts in der Welt hätte er sie wieder aufgegeben.
So erfüllte er im 13. Jh. das Lebensbeispiel Jesu mit neuem Leben: Sein Ideal war, dass er sein Leben ganz auf Gott hin ausrichtet – wie Jesus von Nazaret.

Jesus war etwa 30 Jahre lang nicht besonders in Erscheinung getreten. Was er in dieser Zeit tat, wissen wir nicht. Entsprechend den damaligen Gepflogenheiten führte er wahrscheinlich das Handwerk seines Vaters weiter und arbitete als Zimmermann. Wir wissen es nicht.

Nur Mt und Lk haben Geburtsgeschichten Jesu entworfen, die kunstvoll durchgestaltet sind – voller theologischer Aussagen und Hinweise, dass Jesus Sohn Gottes und Messias der Juden wie der Heiden ist, durch den die Versprechen der Propheten in Erfüllung gehen.
Alle vier Evangelisten aber: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes erzählen diese Episode, dass Jesus sich von Johannes im Jordan taufen ließ. Diese Taufe brachte die Wende im Leben Jesu.
Von da an drehte sich sein Leben nur noch darum als Kind Gottes zu leben:
•    voll Vertrauen in den himmlischen Vater und seine Liebe,
•    treu nach seinem Willen zu handeln, damit die Menschen miteinander in Frieden leben und im Einklang mit der Schöpfung
•    oder mit dem Evangelium gesprochen: Er lebte für das Reich Gottes.

Nach der Taufe ging Jesus in die Wüste: Als er zurückkehrte hatte er seine Berufung gefunden: Die Versöhnung von Gott und Mensch und den Frieden unter den Menschen zu verkünden.
Dass er dies anders versuchte als alle anderen Messiasse vor ihm, wissen wir:
Er verkündete nicht das Gericht für die Sünder, sondern dass Gott sie rechtfertigt durch die Vergebung der Sünden.
Den Frieden versuchte er nicht durch Macht und Waffen durchzu-setzen, sondern einzig allein dadurch, dass er jeden Menschen im Geist des Friedens und der Versöhnung begegnete, gemäß dem Gebot: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst und der goldenen Regel: Alles, was du von anderen erwartest, das tu auch ihnen.

An ihm und seinem Leben, können wir ablesen, was er meinte als er sagte: Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich.

6. Januar 2012: Erscheinung des Herrn

„Wir haben seinen Stern aufgehen sehen“ – Mit dem Stern ist Jesus Christus gemeint.
Als das Mt. Ev. Entstand, war der Stern Jesu tatsächlich am Aufgehen. Überall hatten sich kleine christliche Gemeinden gebildet. Juden wie Heiden ließen sich nach einem gründlichen und einjährigen Unterricht taufen.
Heute scheint es, müsste man sagen: Wir sehen seinen Stern Jesu untergehen.
Christliche Gemeinden zerfallen. Die Mehrzahl der Menschen kennt die Evangelien und das Glaubensbekenntnis nicht mehr. Viele verbinden mit Jesus nur noch die Krippe und das Kreuz und „Werte“.
Hat der Stern Jesu aufgehört zu leuchten? Ist sein Licht nicht mehr nötig? Gibt es andere, hellere Sterne?
Oder kann Jesus nach wie vor das Licht der Menschen sein? Ist er das Licht der Welt? Das Licht meines Lebens?

Das Buch Jesaja beschreibt die Situation der Menschen so: Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker.
Ich möchte nicht behaupten, dass die Menschen ohne Jesus alle im Dunkeln, im Finstern leben. Vielmehr würde ich sagen: Ich möchte in allen Religionen und Kulturen die Körner der göttlichen Weisheit erkennen und die Funken des göttlichen Lichtes.
Zugleich aber, zögere ich nicht, Jesus als Licht der Welt zu bezeugen: Jesus hat in dieser Welt ein Licht angezündet und erhält es am Brennen. Dieses Licht haben wir heute genauso nötig, wie es die Menschen in der Zukunft brauchen werden.
Was passiert, wenn sich die Menschen davon abwenden, erleben wir:
Geld wird wichtiger als der Mensch, der es besitzt;
Macht wird wichtiger als der Friede;
Ablenkung, Vergnügen wird wichtiger als Gemeinschaft und Verantwortung.
Wir sind Zeugen, wie sich eine Gesellschaft entwickelt, in der immer mehr Menschen Gott wie ein Erinnerungsstück an Großmutter betrachten – statt aus seiner Kraft und in seinem Geist zu handeln.
Was ist das Licht, das Jesus in diese Welt bringt?
Jesus hat Gott in die Welt, zu den Menschen gebracht. Gott ist nicht fern; nicht jenseits der Sterne, sondern er ist hier;  mitten unter uns. In jedem lebendigen Wesen ist Gottes Kraft und Gottes Geist lebendig und am Werk.  Im Lebendigen drückt Gott sich aus!
Diese Welt, die durch und aus Gott lebt, ist ihm wertvoll und teuer. Er liebt sie sozusagen wie sich selbst. Dies hat Jesus durch sein ganzes Leben deutlich gemacht.
Das Licht Jesu brauchen wir in dieser Welt,

  • Dass wir wie er zum Himmel, zu Gott, dem Vater aller schauen.
  • Dass wir, wie Jesus, daraus leben, dass Gott unser Leben trägt und hält.
  • Dass wir, wie Jesus, den Mitmenschen als Schwester und Bruder sehen.

Ohne dieses Licht, würde die Welt dunkler und dunkler, es wäre so, als ob die Sonne untergegangen wäre. Schönheit, Gemeinschaft, Geborgenheit würden zuerst den Glanz und die Farbe verlieren und sich dann im Dunkeln verlieren.

Für mich und mein Leben sage ich es und vielleicht können und wollen sie mir zustimmen: Ich habe den Stern Jesu aufgehen sehen und habe begonnen, seinem Licht zu folgen – um schließlich das Licht der Welt und das Licht meines Lebens zu finden, das der Welt den Frieden bringt und allen, die zu ihm finden eine sehr große Freude.

01. Januar 2012

In den Evangelien wird es nach den beiden Geburtserzählungen von Matthäus und Lukas sehr still um die Mutter Jesu.

Johannes erwähnt sie überhaupt nur bei der Hochzeit von Kanaan und unter dem Kreuz. Die anderen drei Evangelien kennen nur eine Begeg­nung Jesu mit seiner Mutter. Als sie mit ihm reden wollte, sagte er: Wer den Willen meines Vaters tut, ist für mich Mutter und Bruder. Jedes Ev. erwähnt, dass Maria unter dem Kreuz Jesu steht.

Dennoch wird Maria in der kath. Kirche so außerordentlich verehrt. Es gibt dafür den einen wesentlichen Grund:
Maria ist die Mutter Jesu, der uns versöhnt und befreit hat.

Es ist keine Verminderung, wenn ich sage: Maria ist vor allem wichtig geworden und sie wird so stark verehrt, weil sie uns Katholiken – wie vielen anderen christlichen Konfessionen ein Symbol geworden ist: Sie ist – wie Abraham ‑ das Urbild eines Menschen, der ja sagt zu einer Berufung, die ganz und gar unerwartet ist:

Gott beansprucht sie, um mit ihrer Hilfe etwas Neues zu beginnen. Was geschehen wird, wie es sein wird, sie kann – wie einst Abraham, der in unbekanntes Land zog ‑ keine Vorstellung davon haben – doch sie hört auf Gottes Stimme in ihrem Herzen und ist bereit.

Maria – die Mutter Jesu – ist Urbild und Symbol für jeden Menschen, der wachsam in sich hinein horcht, damit er hört, was Gott mit ihm vor hat und von ihm will. Maria ist Symbol für jeden Menschen, der sein Leben von Gott „bestimmen“ lässt.

Durch und an Maria hat Gott unglaubliches gewirkt: Er ist Mensch geworden. Maria ist Symbol dafür, dass Gott durch und an den Menschen großes vollbringt und in ihnen Mensch, Fleisch werden will.

Weil Gott an Maria handelte und weil sie dazu ja sagt, ist Maria das Urbild der Kirche – also der Menschen, die an Christus glauben.

Christen sind Menschen, durch die und an denen Gott in der Welt handelt und die ihr Leben von Gott bestimmen lassen – jeder Einzelne und nicht weniger die Gemeinschaft der Christen.
Christen sind Menschen, die daran glauben, dass es nicht Zufall ist, was geschieht: was immer andere oder ich selbst in meinem Leben vollbringen – es geschieht nichts, was mich von Gott und seiner Liebe trennen könnte.

Letztendlich birgt er mein Leben in seiner Hand. In den Menschen, die mir in seinem Geist begegnen und auch in den Geschehnissen die nicht vorhersehbar sind – wie der Wind, der weht wo er will. Auch wenn wir vieles erklären können durch die Gesetze der Natur: Die Materie, die Schöpfung, ist auch nicht durch die Naturgesetze vorherbestimmt.

Maria ist ein Symbol für den Glauben, dass unser Leben in Gottes Hand liegt, dass er Großes an uns und durch uns tut, wenn wir ja sagen zu dem Plan, den er mit uns hat.

Am Ende steht Maria unter dem Kreuz. Der Glaube – auch dieser Frau – wird auf die Probe gestellt: kann ich auch angesichts des Hasses, der Verzweiflung, des Todes glauben, dass mein Leben in Gottes Hand geborgen ist?

Entgegen dem Augenschein steht sie zu ihrem Sohn. Sie steht zu ihrem Glauben, der nichts anderes ist, als ein sich Anvertrauen an das große Geheimnis, das wir Gott nennen, dass er niemand vergisst, sondern dass wir in seiner Hand geborgen sind.

Wir dürfen auch in diesem neuen Jahr das Wagnis des Glaubens eingehen und darauf vertrauen, dass Gott in uns und durch uns handelt, dass er unser Leben bestimmt, dass wir in seiner Hand geborgen sind.

Maria ist das Urbild für diesen christlichen Glaubens, der bekennt: Gott ist die Liebe, die im Sohn Marias Fleisch geworden ist.

1. Januar 2013: Neujahr

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Beuron(Evangelium: Johannes Prolog)

Ich bin froh, dass ich am Beginn des neuen Kalenderjahres nicht alles neu anfangen muss. Ich hoffe, dass das Leben in ‑ Großen und Ganzen – weiter­geht wie bisher!

Ich weiß auch: Es gibt immer etwas zu verbessern. Und das geht nicht, ohne Veränderung. Veränderungen aber sind schwierig aus mehreren Gründen: Wer etwas verändern will, muss sich anstrengen.
Er muss bereit sein, etwas aufzugeben, etwas zurückzulassen.
Wer Veränderungen herbeiführt, gerät dadurch leicht in Konflikt mit anderen, die entweder keine Veränderung wollen oder eine andere.

Nicht übersehen möchte ich: Dass ich mir Verbesserungen wünsche, ist eine Sache. Eine andere Sache ist, ob ich die Verbesserungen selbst herbeiführen oder vornehmen kann.

Es war vermutlich der amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr, der diese Fragen in ein Gebet fasste, das vielen von ihnen bekannt ist:

Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen,
die ich nicht ändern kann,

Gott gebe mir den Mut, Dinge zu ändern,
die ich ändern kann,

Gott gebe mir und die Weisheit,
das eine vom anderen zu unterscheiden.

Es gibt Dinge, die man nicht ändern kann und es gibt Dinge, die man ändern kann – oder sogar ändern soll. Beides liegt oft nicht weit auseinander: die Gesundheit ist eines der größten Geschenke. Wir können zwar gesunde oder ungesunde Lebensweisen haben – Doch selbst der Kettenraucher Helmut Schmitt ist inzwischen 94 Jahre alt, während manchmal schon Kinder schwer erkranken.

Unser Leben ist mit Gott verbunden.
Er ist die Quelle des Lebens, aus seiner Hand empfangen wir, was wir zum Leben brauchen. Auch die Vergänglichkeit entspringt seinem Schöpferwillen – obgleich er – wie Paulus es ausdrückt – auch das Vergängliche mit Unvergänglichkeit umkleidet.

Deshalb dürfen wir am Anfang des Jahres über unser Leben nachdenken und darüber, was Gott mit uns vorhat.
Wir dürfen fragen: Gott, was hältst Du im neuen Jahr für mich bereit?

Was muss ich hinnehmen und annehmen?
Was könnte mir helfen, dass ich darin gelassener werde?

Diese Dinge lehren mich, meine Grenzen und meine Begrenztheit anzunehmen. Dadurch lerne ich, mich und meine Leben anzunehmen und Gott anzuvertrauen. Daran kann ich denken, wenn ich bete:
Vater, dein Wille geschehe – und ich darf Gott vertrauen, dass er für mich das Heil will.

Was muss ich hinnehmen und annehmen? …

Wir dürfen uns auch fragen: Gott, was willst du, das ich tun soll?
Was will ich dieses Jahr anfangen? Solange wir Anteil nehmen am Leben anderer, können wir anfangen, neu anfangen:

Aufmerksamer zu werden für den Mitmenschen,
den Verstand zu üben, eine neue Gewohnheit zu erlernen,
neue Gedanken zu haben, barmherziger zu werden, Dinge zu ordnen, …,

Auch daran denke ich, wenn ich bete: Vater, dein Wille geschehe – denn Gottes Wille geschieht dort, wo Menschen seinen Willen tun.

Als Maria Jesus empfangen hat, hat Gott einen neuen Anfang mit den Menschen gemacht:
Jesus ist der neue Mensch, der in allem den Willen seines Vaters getan und angenommen hat.
In jedem Kind, das empfangen wird, macht Gott einen neuen Anfang mit uns Menschen, damit dieser Mensch Gottes Willen annimmt und tut.

Wir dürfen jeden neuen Tag annehmen als Gottes Geschenk und ihn füllen mit der Frage:
Gott, was hältst Du an diesem Tag für mich bereit?
Gott, was willst Du, das ich tun soll?